Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorausgegangener Antrag eines Gläubigers als Voraussetzung für die Durchführung eines Versagungsverfahrens von Amts wegen nach § 296 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO)
Leitsatz (amtlich)
Voraussetzung für die Durchführung des Versagungsverfahrens von Amts wegen nach § 296 Abs.2 InsO ist in jedem Fall, dass der Antrag eines Gläubigers vorangegangen ist, der Anlass zu einer Anhörung des Schuldners bietet.
Normenkette
InsO § 296 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 25.11.2010; Aktenzeichen 8 IK 612/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der, dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagende, Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 25.11.2010 – 8 IK 612/07 – aufgehoben.
Tatbestand
I.
Auf seinen Antrag vom 19.11.2007 hin wurde mit Beschluss vom 02.01.2008 über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren aufgehoben und Rechtsanwalt R. als Treuhänder bestellt. Nach ersten Berichten des Treuhänders vom 17.03.2010 und 23.03.2010 ergaben sich keine Besonderheiten, pfändbare Beträge wurden abgeführt, zum 01.09.2009 war dem Schuldner durch seinen Arbeitgeber allerdings gekündigt worden. Einen Arbeitslosengeldbescheid hat der Schuldner nicht vorgelegt, weshalb er am 22.06.2010 durch das Insolvenzgericht zur Vorlage unter Fristsetzung von 10 Tagen aufgefordert wurde. Weitere Anforderungen an die neue Anschrift des Schuldners, letztmals mit Schreiben vom 28.10.2010, blieben erfolglos.
Aus diesem Grund hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 25.11.2010, funktionell durch die Rechtspflegerin handelnd, die Restschuldbefreiung gemäß § 296 Abs. 2 S. 3 InsO versagt. Gegen den am 01.12.2010 zugestellten Beschluss hat der Schuldner am 13.12.2010 Beschwerde eingelegt und um persönliche Rücksprache gebeten, um seine Situation zu erklären, da er aufgrund eines Unfalls Anfang 2009 in eine psychisch unerträgliche Verfassung gebracht worden sei. Das Insolvenzgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese mit Beschluss vom 28.12.2010 dem Landgericht vorgelegt.
Nachdem mit Verfügung vom 29.12.2010 Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gegeben worden war, hat der Einzelrichter mit Beschluss vom 12.01.2010 das Verfahren gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO auf die Kammer übertragen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß §§ 296 Abs. 3 S. 1, 6 InsO, 567 ff ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist auch begründet.
Ob die Entscheidung des Amtsgerichts im Hinblick auf § 8 Abs. 4 S.1 RPflG schon deshalb aufzuheben ist, weil (auch) die Entscheidung wegen Verletzung verfahrensbezogener Obliegenheiten (§ 296 Abs. 2 S. 3 InsO) dem Richter vorbehalten ist (MünchKommInsO/Stephan § 296 Rn 31) oder ob mangels Gläubigerantrag der Richtervorbehalt nach § 18 Nr. 1 RPflG nicht greift, kann dahin gestellt bleiben. Ohne (zulässigen) Versagungsantrag eines Gläubigers ist eine Aufhebung von Amts wegen nach § 296 Abs. 2 S. 3 InsO nämlich nicht möglich.
Die Verpflichtung des Schuldners, über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides statt zu versichern, setzt einen zulässigen Versagungsantrag eines Insolvenzgläubigers voraus. Die Offenbarungspflicht des Schuldners nach § 296 Abs. 2 S. 2 InsO dient nicht dazu, dem Gläubiger erst die nötigen Informationen für einen zulässigen und begründeten Versagungsantrag zu verschaffen. Nur unter den Voraussetzungen eines zulässigen Versagungsantrags werden dem Schuldner gemäß § 296 Abs. 2 S. 2 InsO drei zusätzliche Verfahrensobliegenheiten auferlegt, die Erscheinenspflicht, soweit diese angeordnet wird, die Auskunftserteilungspflicht und die Verpflichtung, die erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern. Voraussetzung für die Durchführung eines Versagungsverfahrens von Amts wegen nach § 296 Abs. 2 InsO ist in jedem Fall, dass der Antrag eines Gläubigers vorangegangen ist, der Anlass zu einer Anhörung des Schuldners bietet (Braun/Lang, InsO, § 296 Rn 9; Uhlenbruck/Vallender § 296 Rn 31; Frankfurter Kommentar zur InsO/Ahrens § 296 Rn 30; MünchKommInsO/Stephan § 296 Rn 24; Pape NJW 2010, 2928 [2933]).
Ein Versagungsantrag ist vorliegend nicht gestellt worden, weshalb das Amtsgericht die Restschuldbefreiung nicht hätte versagen dürfen.
Die Gegenansicht (AG Mannheim, Beschl. v. 29.04.2010 – 8 IK 323/04 –; AG Hamburg Beschl. v. 19.02.2010 – 67g IN 127/06 –; hierzu Jacobi ZVI 2010, 289 f) überzeugt nicht. Richtig ist insofern allerdings, dass eine Versagung der Restschuldbefreiung nach §§ 296 Abs. 2 S. 2 – 4 InsO weder einen Gläubigerantrag noch eine Schlechterstellung der Gläubiger voraussetzt, sondern als gebundene Entscheidung von Amts wegen ergehen kann. Die Entbehrlichkeit des Gläubigerantrags bezieht sich jedoch nur auf die nicht notwendige Geltendmachung des Versagung...