Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentum: Beschränkung des Musizierens durch die Hausordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Beschränkt die Hausordnung das Musizieren auf 3 Stunden pro Tag, ist dies in einer Eigentumswohnanlage mit 3 Einheiten nicht zu beanstanden.
2. Dagegen kann in der Hausordnung nicht bestimmt werden, dass Musizieren bereits ab 19.00 Uhr verboten ist.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 11.02.2002 (13 UR II 79/01. WEG) dahingehend abgeändert, dass der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft unter Tagesordnungspunkt 12 - Hausordnung Ziffer 2 - der Eigentümerversammlung vom 13.06.2001 für ungültig erklärt wird.
2. Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten des Rechtsstreits zu tragen. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf € 3.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Befugnis, in der Eigentumswohnungsanlage zu musizieren.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat am 13.06.2001 unter Punkt 12 der Tagesordnung eine Hausordnung beschlossen, die unter Ziffer 2 "Lärmschutz" folgendes bestimmt:
Das Musizieren und der Betrieb von Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie Kassetten- und Plattenspielern ist, soweit hierdurch Geräusche aus der Wohnung nach außen dringen, nicht länger als drei Stunden täglich gestattet und in der Zeit von 19.00 Uhr bis 9.00 Uhr und 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr völlig untersagt.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin, die mit ihrem Begehren erstinstanzlich erfolglos geblieben ist.
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 11.02.2002 hat die Antragstellerin rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass das Verbot, länger als drei Stunden zu Musizieren, soweit hierdurch Geräusche aus der Wohnung nach außen dringen, unklar und unbestimmt sei. Tatsächlich komme es nicht auf die damit angesprochenen Emissionen an, sondern auf die bei den anderen Wohnungseigentümern gegebene Immission. Das Verbot sei darüber hinaus zu weitgehend, weil es selbst Musik, die keinerlei Immissionen verursache, über die dargestellten Erlaubniszeiten hinaus unterbinde. Außerdem würde das Musizieren gleichheitswidrig diskriminiert, weil andere, gleich störende Geräusche nicht verboten und damit erlaubt seien. Schließlich sei das Musizierverbot mit 19.00 Uhr zu früh angesetzt.
Die Antragstellerin stellt folgenden Antrag:
I. Der Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 11.02.2002, Az. 13 UR II 79/01. WEG, wird aufgehoben.
II. Der Beschluss unter TOP 12 - HausO Zi. 2 - der EV vom 13.06.2001 wird für ungültig erklärt.
Hilfsweise stellt sie in erster Linie folgenden weiteren Antrag:
Es wird festgestellt, dass Ziff. 2 der in der EV vom 13.06.2001 beschlossenen Hausordnung das Musizieren mit für Zimmerlautstärke geeigneten Schalldämpfungsmaßnahmen über die drei gestatteten Stunden pro Tag und nach 19.00 Uhr zulässt.
In zweiter Linie hilfsweise stellt sie folgenden Antrag:
Es wird festgestellt, dass das Cellospiel unter Verwendung eines Hotel-Dämpfers Zimmerlautstärke nicht übersteigt und keine Geräusche hervorbringt, die "aus der Wohnung nach außen dringen" im Sinne von Ziff. 2 der Hausordnung.
Die Antragsgegner vertreten die Auffassung, dass mit dem Verbot lediglich das Musizieren gemeint sei, das über Zimmerlautstärke hinaus gehe. Mit Zimmerlautstärke sei gemeint, dass das Musizieren in anderen Wohnungen nicht zu hören sei. Eine Ungleichbehandlung liege nicht vor, da auch der Betrieb von Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie Kassetten- und Plattenspielern erfasst sei und andere Geräuschentwicklungen keineswegs umfassend erlaubt seien.
Die Kammer hat die Parteien durch den beauftragten Richter angehört. Eine vergleichsweise Regelung hat sich nicht ergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet, weil das von der Mehrheit der Eigentümergemeinschaft ausgesprochene Musizierverbot zu weitgehende Eingriffe in die ihr zustehende Eigentümerbefugnisse vorsieht.
1. Nach § 15 Abs. 1 WEG können die Wohnungseigentümer den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung regeln. Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung können die Wohnungseigentümer, soweit nicht eine Vereinbarung nach Abs. 1 entgegensteht, durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsgemäßen Gebrauch beschließen. Dabei hat die Eigentümergemeinschaft einen ihr im Rahmen ihres Selbstorganisationsrechts zustehenden Ermessensspielraum. Die Ermessensgrenze für Ruhezeitregelungen kann gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur dort gezogen werden, wo der Beschluss entweder ein völliges Musizierverbot oder eine dem praktisch gleichzusetzende Reglementierung enthält. Denn das Musizieren innerhalb d...