Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentümergemeinschaft: Zweckbestimmung von Teileigentum durch Bezeichnung als "gewerbliche Raumeinheit" in der Teilungserklärung
Leitsatz (amtlich)
In Teileigentum, das in der Teilungserklärung als "gewerbliche Raumeinheit" bezeichnet ist, darf eine psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle für Alkohol- und Drogenprobleme betrieben werden.
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 14.02.2003 (13 UR II 15/02 WEG) wird als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen sowie die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird festgesetzt auf € 15.000,00.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Antragsgegnerin hat im Jahre 2001 das im wesentlichen im ersten Obergeschoss des Anwesens liegende Teileigentum an die psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle für Alkohol- und Drogenprobleme, Fachstelle für Suchtprävention und Gesundheitsförderung der Stadt Freiburg und des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald vermietet. Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin, dies zukünftig zu unterlassen.
Die Antragsgegnerin hat als (damalige) Eigentümerin am 07.08.1998 vor Notar P. S. (UR 2000/98) das Eigentum an dem Grundstück gemäß § 8 WEG aufgeteilt, insgesamt in 37 Wohnungen, 5 gewerbliche Raumeinheiten sowie 32 Tiefgaragenstellplätzen (16 Doppelparker) und 7 Garagenstellplätze im Erdgeschoss. Die Antragstellerin ist Eigentümer der Einheit Nr. 35 (Wohnung mit Loggia im Haus B im zweiten Obergeschoss und Keller Nr. 35 im Untergeschoss), die Antragsgegnerin, soweit es um die streitgegenständlichen Räume geht, Eigentümerin der ursprünglich im Aufteilungsplan mit Nr. G 28 bezeichneten gewerblichen Raumeinheit im Haus B im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss sowie des mit Nr. G 28 bezeichneten Abstellraums im Haus B im Untergeschoss.
In § 4 der Teilungserklärung ist eine Gebrauchsregelung nach § 15 WEG vorgesehen. Nach Absatz 1 der Bestimmung hat jeder Wohnungseigentümer das Recht der alleinigen Nutzung seines Sondereigentums, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz oder aus dieser Erklärung ergeben. Nach Absatz 3 sind Wohnungen immer in einer Weise zu nutzen, die gehobenen Wohnansprüchen nicht entgegensteht. Die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in den Erdgeschosswohnungen oder die Änderung der bei einem einzelnen Sondereigentum angegebenen Nutzungsart im Erdgeschoss ist zulässig, falls eine entsprechende behördliche Genehmigung vorliegt.
§ 4 Abs. 4 bestimmt, dass in diesen Fällen die Zustimmung des Verwalters einzuholen ist. Diese kann nur aus wichtigem Grunde verweigert werden. Sie kann auch mit Auflagen und Bedingungen verbunden sein.
Mit Urkunde vom 15.01.2001 hat die Antragsgegnerin einen Nachtrag zur Teilungserklärung erklärt, wobei sie zugleich als Bevollmächtigte für die Wohnungseigentümer, unter anderem auch die Antragstellerin aufgetreten ist. Hierin wurden verschiedene Änderungen hinsichtlich Aufteilung und Größe von Sondereigentum bzw. Teileigentum vorgenommen, die Antragstellerin und Antragsgegnerin betreffend lediglich bezüglich des mit G 28 bezeichneten Kellerraums im Untergeschoss (vgl. AS 437). Am 26.03.2002 hat die Antragsgegnerin einen zweiten Nachtrag zur Teilungserklärung erklärt und ihre im Teileigentumsgrundbuch von Freiburg Blatt 62726 eingetragene gewerbliche Raumeinheit Nr. G 28 auf dem Grundstück R. 17 / K. Straße 2a, Flst.-Nr. ..... in zwei neue Gewerbeeinheiten aufgeteilt:
a) 713/10.000stel Miteigentumsanteil an dem vorgenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im beigefügten Aufteilungsplan mit Nr. G 28 bezeichneten gewerblichen Raumeinheit im 1. Obergeschoss und dem Archivraum im Nr. G 28 im Erdgeschoss.
b) 340/10.000stel Miteigentumsanteil an dem vorgenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im beigefügten Aufteilungsplan mit Nr. G 29 bezeichneten gewerblichen Raumeinheit im Erdgeschoss.
Die Antragstellerin beruft sich auf § 11 des am 03.11.1999 mit der Antragsgegnerin abgeschlossenen "Kauf"vertrages (Notariat L. 5 UR 2662/99), wonach der Verkäufer zusichert, dass in den Gewerberäumen keine Gastronomie, Disco bzw. Sex-Shop ansässig wird. Außerdem ist sie der Auffassung, die Vermietung der Einheit G 28 als psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle für Alkohol- und Drogenprobleme verstoße gegen die in § 4 Abs. 3 Satz 2 der Teilungserklärung geregelte “Ausübung eines Gewerbes oder Berufes„. Im Unterschied zu einem Gewerbe sei die Nutzung als Beratungsstelle für Suchtkranke ein nicht gedeckter Nutzungszweck. Die Unterschiede ergäben sich in erster Linie aus der Klientel. Das Patientenaufkommen sei nicht mit einem klassischen zu vergleichen. Es sei unstreitig, "dass sich Drogen- und Alkoholkranke zum größten Teil aus Straftätern, Obdachlosen, Arbeitslosen etc. r...