Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Urteil vom 06.03.1992; Aktenzeichen 6 C 4436/91) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 06.03.1992 (6 C 4436/91) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist gewährt bis 30. April 1993.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.
Gründe
Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Der Beklagten war allerdings eine Räumungsfrist bis zum 30. April 1993 zu gewähren.
Der Räumungs- und Herausgabeanspruch des Klägers ist ab 01.06.1992 berechtigt (§§ 985, 556 Abs. 3 BGB). Denn das Recht der Beklagten zum Besitz der Mietwohnung aufgrund des Mietvertrages mit der Fa. … vom 01.11.1985 endete mit Ablauf des 31.05.1992. Die Kündigung des Klägers in seiner Klageschrift vom 26.11.1991 hat unter Berücksichtigung des Mieterschutzes das Mietverhältnis bzw. das darauf gegründete Recht der Beklagten zum Besitz spätestens bis zum 31.05.1992 zum Ende gebracht.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluß vom 11.06.1991 (WM 1991, 422) dargelegt, daß die rechtstechnischen Schwierigkeiten, die sich aus dem Fehlen einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung zwischen dem Eigentümer und dem die Wohnung nutzenden Mieter ergeben, eine Verkürzung des Mieterschutzes nicht rechtfertigen können. In welcher Weise allerdings die Fachgerechte dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung solcher Mieter Rechnung trügen, sei nicht vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden.
Eine abschließende Festlegung ist durch das entscheidende Gericht ebenfalls nicht vorzunehmen, nachdem jedenfalls mit dem vom Kläger eingeschlagenen Weg der Kündigung des Mietverhältnisses zwischen der Fa. … und der Beklagten nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses die Beklagte unter Berücksichtigung ihres vollen Mieterschutzes wie jede andere Mieterin gestellt wurde.
Ob der Vermieter demgegenüber seinen Räumungs- und Herausgabeanspruch auch einfacher und schneller verfolgen kann, kann dahinstehen, da andererseits die Kündigungen der Fa.
… G. vom 28.03.1991 und 03.05.1991 unwirksam sind, da der Untervermieter (gewerblicher Zwischenvermieter) das berechtigte Interesse nur aus seiner Sphäre, nicht dagegen aus derjenigen des Hauptmieters ableiten kann, und der Kläger seinerseits erstmalig mit der Klageschrift sein Begehren an die Beklagte richtete. Die in der Klageschrift ebenfalls enthaltene fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ist unwirksam, allein schon weil die Beklagte berechtigt war, einen Teil der Nebenkostenpauschale (Heizung und Warmwasser) bis zur Abrechnung zurückzuhalten. Denn aufgrund der Heizkostenverordnung ist der Vermieter verpflichtet zur gebrauchsabhängigen Abrechnung. Dem Mieter steht solange ein Zurückbehaltungsrecht zu, bis der Vermieter dieser gesetzlichen Pflicht nachkommt.
Das Hauptmietverhältnis zwischen dem Kläger und der Fa. Immobilien AG wurde durch die Kündigung des Klägers vom 05. März 1991 beendet, wie der Zeuge … zur Überzeugung des Gerichtes dargetan hat.
Die Beklagte kann gemäß § 556 Abs. 2 BGB für sich eine Kündigungsfrist von 6 Monaten auch im Verhältnis zum Kläger beanspruchen, damit ihr der volle Mieterschutz erhalten bleibt. Da sie allerdings weniger als 8 Jahre in der gekündigten Wohnung gewohnt hat, verlängerte sich die Kündigungsfrist nicht um weitere 3 Monate. Denn maßgebend ist als Ausfluß des Mieterschutzes die von der Rechtsordnung anerkannte und geschützte tatsächliche Wohnzeit der Beklagten.
Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse i. S. v. § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Der Schwager gehört zum Kreis der Familienangehörigen. Er ist der Ehemann der Schwester und gehört gewöhnlich derselben Generation an wie der Vermieter, was regelmäßig nähere persönliche Kontakte zur Folge hat. Damit gehört er zum Kreis derjenigen, denen gegenüber der Vermieter sich sittlich verpflichtet fühlt.
Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, den von ihm geltend gemachten Eigenbedarf zurückzustellen, weil der Schwager seinerseits beabsichtigt, die Wohnung in absehbarer Zeit käuflich zu erwerben, und dann als Eigentümer für sich Eigenbedarf geltend machen kann. Eine solche Rechtsmeinung findet jedenfalls keine Stütze im Gesetz.
Der Nutzungswunsch des Schwagers ist auch vernünftig und nachvollziehbar und kann nicht durch die Wohnung … ohne Abstriche für den Schwager erfüllt werden. Denn Art und Umfang des Nutzungswunsches bestimmt der Eigentümer selbst. Da der Schwager mit seiner Ehefrau in Kirchzarten ein Haus mit ca. 160 m² bewohnt hatte, er zudem, worauf auch der Beklagten-Vertreter häufiger abhebt, einen gehobenen Lebenszuschnitt pflegt, würde für seine privaten und sozialen Verpflichtungen die Zwei-Zimmer-Wohnung mit 60 m² nicht genügen. Der Verweis auf das zusätzliche Ein-Zimmer-Souterrain-Apartment ist unakzeptabel für den Schwager. Aufgrund der Eigenbedarfskündigung des Hauses in Kirchzarten durch den dortig...