Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Nachzahlung einer Mietminderung. Schadensersatz wegen Feuchtigkeits- und Schimmelpilzbildung. Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache. Vertragsgemäßer Gebrauch. Fehlerhaftes Wohn- , Heiz- und Lüftungsverhalten. Mangelhafte Bausubstanz. Unzureichende Wärmeisolierung. Restfeuchte. DIN 4108. Sollbeschaffenheit der Mietsache. Fehler der Mietsache. Bauphysikalische Schwachstelle

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Ein Mieter mindert wegen Feuchtigkeitserscheinungen mit nachfolgender Schimmelpilzbildung in den Wanddeckenecken von Schlaf- und Wohnzimmer zu Recht die Miete, wenn der Schimmel aufgrund mangelhafter Bausubstanz, unzureichender Wärmeisolierung und Restfeuchte entstanden ist und nicht auf seinem fehlerhaften Wohn-, Heiz- und Lüftungsverhalten beruht.
  • Die DIN 4108 hat ihre Funktion nur im Baurecht. Für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit einer Wohnung kommt es dagegen auf die den Erfordernissen des vertragsgemäßen Gebrauchs entsprechende Sollbeschaffenheit der Mietsache an, wobei Feuchtigkeitsschäden in einer Mietwohnung grundsätzlich einen Fehler der Mietsache darstellen.
  • Die Beweislast, dass die Feuchtigkeits- und Schimmelpilzbildung nicht einer in seinem Risiko- und Verantwortungsbereich liegenden Ursache zuzurechnen ist, trifft zunächst den Vermieter.
  • Hat der Vermieter DIN 4108 beim Bauen zugrunde gelegt, nicht aber die überarbeitete DIN 4108-2 mit erhöhten Anforderungen zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung, so hat der Vermieter tatsächlich auftretenden Schimmel zu vertreten.
 

Normenkette

BGB § 538

 

Verfahrensgang

AG Lörrach (Urteil vom 08.08.2003; Aktenzeichen 4 C 279/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Lörrach vom 08.08.2003 – 4 C 279/02 – wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Lörrach vom 08.08.2003 – 4 C 279/02 – im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin, mit der sie das erstinstanzliche Klageziel auf Zahlung von EUR 1.583,83 in voller Höhe weiterverfolgt, ist unbegründet. Dagegen hat die zulässige Anschlussberufung der Beklagten in der Sache Erfolg und führt zur Abweisung der Klage auch insoweit, als das Amtsgericht ihr wegen eines Teilbetrages von EUR 264,70 stattgegeben hat.

I.

Die Klägerin kann von den Beklagten entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht die Nachzahlung des geminderten Betrages von EUR 400,00 und keinen Schadenersatz wegen der im Winter 2001 in der von ihnen ab dem 01.07.2001 zum Kaltmietzins von DM 1.380,00 = EUR 705,58 angemieteten 3-Zimmer-Neubauwohnung im … weg 27 in Lörrach aufgetretenen Feuchtigkeits- und Schimmelpilzbildung verlangen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf diejenigen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, dies jedoch mit den nachfolgenden Änderungen und Ergänzungen.

1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es Anfang bis Mitte Dezember 2001 im Bereich der Wanddeckenecken von Schlaf- und Wohn-/Esszimmer zu Feuchtigkeitserscheinungen mit nachfolgender Schimmelpilzbildung gekommen ist, wobei wegen des Umfangs namentlich auf die von den Beklagten in erster Instanz vorgelegten Fotografien (I 81/83) Bezug genommen wird. Für die Frage, ob die Beklagten wegen des auf die Feuchtigkeit zurückzuführenden Schimmelpilzbefalls die Miete mindern oder auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden können, kommt es darauf an, ob die Schäden auf einen vertragsgemäßen Gebrauch zurückzuführen sind oder nicht. § 538 BGB regelt insoweit, dass der Mieter Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache, die durch vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht zu vertreten hat. Während die Klägerin behauptet, zu den Feuchtigkeits- und Schimmelpilzbildungen sei es nur aufgrund eines von den Beklagten zu vertretenden fehlerhaften Wohn-, Heiz- und Lüftungsverhaltens gekommen, behaupten diese, Ursache seien eine mangelhafte Bausubstanz, eine unzureichende Wärmeisolierung und Restfeuchte des erst Anfang 2001 fertig gestellten Wohnhauses.

2. Die Behauptung der Klägerin, zur Feuchtigkeits- und Schimmelpilzbildung sei es nur infolge fehlerhaften Wohn-, Heiz- und Lüftungsverhaltens der Beklagten gekommen, hat diese zur Überzeugung des Berufungsgerichts nicht bewiesen. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass selbst dann, wenn die zum Zeitpunkt der Erstellung des Gebäudes geltende DIN 4108 eingehalten ist, dies noch nichts über die Mangelfreiheit oder Mangelhaftigkeit der Wohnung aussagt. Die DIN-Normen haben, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, ihre Funktion im Baurecht. Für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit einer Wohnung kommt es dagegen auf die den Erfordernissen des vertragsgemäßen Gebrauchs entsprechende Sollbeschaffenheit der Mietsache an, wobei Feuchtigkeitsschäden in einer Mietwohnung grundsätzlic...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge