Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast im Räumungsprozess
Orientierungssatz
1. Im Räumungsprozeß trägt der Vermieter die Beweislast für das Zustandekommen eines Mietaufhebungsvertrages. Dessen Zustandekommen durch schlüssiges Verhalten im Anschluß an eine Kündigung des Vermieters muß eindeutig erkennbar sein.
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
2. Ein tatsächliches Verhalten kann nur mit Zurückhaltung als schlüssige Erklärung eines Mietaufhebungsvertrages gewertet werden (Vergleiche OLG Karlsruhe, 1981-10-07, 3 Re-Miet 6/81, NJW 1982, 54), weil der Mieter sich häufig der vermeintlich berechtigten Kündigung beugt (Vergleiche BGH, 1963-06-26, VIII ZR 54/62, ZMR 63, 274).
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, da die Klägerin nicht den Nachweis geführt hat, daß zwischen den Parteien ein Mietaufhebungsvertrag zustande gekommen ist. Da sie aber daraus ihr Räumungsbegehren herleitet, trägt sie für das Zustandekommen eines Mietaufhebungsvertrages auch die Beweislast (vgl. Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., IV 205 m.w.N.).
Aus den Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen W. und S. - von deren Richtigkeit auch die Berufungskammer ausgeht - läßt sich nicht der rechtliche Schluß ziehen, daß die Beklagten sich durch schlüssiges Verhalten rechtsgeschäftlich in Form eines Mietaufhebungsvertrages unter Aufgabe ihres Kündigungsschutzes zur Räumung des Mietobjektes verpflichten wollten.
Dabei sind an das Zustandekommen eines Mietaufhebungsvertrages durch schlüssiges Verhalten nicht geringe Anforderungen zu stellen (vgl. Sternel, IV 202). Der Wille der Parteien muß eindeutig erkennbar sein, das Mietverhältnis einvernehmlich zu beenden (vgl. Emmerich/Sonnenschein, Miete 3. Aufl. 1986, Rn. 39 zu § 564 BGB). Zu Recht wird darauf hingewiesen, daß ein tatsächliches Verhalten nur mit Zurückhaltung als schlüssige Erklärung eines Mietaufhebungsvertrages gewertet werden kann (OLG Karlsruhe NJW 1982, 54, 56 (= WM 1982, 11)), weil der Mieter sich häufig der vermeintlich berechtigten Kündigung beugt (vgl. BGH ZMR 63, 274), den Gang zum Anwalt oder Gericht scheut und meist auch bestrebt ist, durch entgegenkommendes Verhalten ein günstiges Verhandlungsklima bei der Regelung der meist bei Beendigung eines Mietverhältnisses anstehenden Fragen, wie Durchführung der Schönheitsreparaturen und der Anpassung des Auszugszeitpunkts an den Einzugstermin der neuen Wohnung, zu erzeugen.
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann im vorliegenden Fall das schlüssige Zustandekommen eines Mietaufhebungsvertrages nicht angenommen werden. Aus den Aussagen der Zeugen W. und S. ergibt sich, daß der Zeuge S. vom Firmensitz der Klägerin angereist war, um gegenüber den Beklagten mündlich die Kündigung des Mietverhältnisses auszusprechen. Die Beklagten hatten zuvor keine Kenntnis von der Kündigungsabsicht der Klägerin. Der Zeuge S. hat angegeben, er habe gegenüber der Erstbeklagten die Kündigung zum Ende Januar des folgenden Jahres (31.1.1987) ausgesprochen. Man habe dann darüber gesprochen, was zu machen sei, wenn die Beklagten bis Ende Januar keine andere Wohnung gefunden hätten. Am Ende des Gespräches, das am 10.10.1986 stattfand, habe er den Eindruck gehabt, daß die Erstbeklagte sich mit der Beendigung des Mietverhältnisses abgefunden habe, wenn sie es auch bedauert habe. Der Zeuge W. hat bekundet, die Erstbeklagte habe in dem Gespräch Verständnis für die Situation der Klägerin gezeigt und um Mithilfe bei der Suche nach einer anderen Wohnung gebeten.
Aus dem von den Zeugen bekundeten Verhalten der Erstbeklagten läßt sich bei lebensnaher Würdigung ein schlüssiger Wille zum Abschluß eines Mietaufhebungsvertrages nicht herleiten. Dagegen spricht insbesondere die Tatsache, daß die Erstbeklagte erstmals in dem Gespräch vom 10.10.1986 überhaupt Kenntnis von der Kündigungsabsicht der Klägerin erhielt. Es muß deshalb bezweifelt werden, daß sie dann ohne Rücksprache mit ihrem Mann sich rechtlich bindend zur Beendigung des Mietverhältnisses unter Verzicht auf den ihr zustehenden Kündigungsschutz verpflichten wollte. Dem Verhalten der Erstbeklagten läßt sich lediglich entnehmen, daß sie sich mit der vermeintlichen berechtigten Kündigung abfinden wollte und darüber hinaus bestrebt war, daß ihr die Klägerin bei einem möglichen Hinausschieben des Auszugszeitpunktes entgegenkam und bei der Suche nach einer neuen Wohnung behilflich war.
Daß auch in dem späteren Gespräch v. 5.11.1986 zwischen dem Zeugen W. und dem Zweitbeklagten dieser keinen auf Abschluß eines Mietaufhebungsvertrages gerichteten rechtsgeschäftlichen Willen hatte, bedarf keiner näheren Begründung, nachdem der Zweitbeklagte unstreitig im Gespräch darauf hingewiesen hatte, daß er noch in dem Buch "Mietrecht von A bis Z" lesen wolle.
Da somit ein Mietaufhebungsvertrag nicht zustandegekommen ist und die Klägerin allein daraus und nicht aus einer Kündigung ihr Räumungsbegehren ableitet, war auf die Ber...