Leitsatz (amtlich)
Zur Berechnung des so genannten Härteausgleichs durch eine fiktive nachträgliche Gesamtstrafenbildung, wenn infolge der zwischen dem Urteil erster Instanz und dem Berufungsurteil erfolgten vollständigen Vollstreckung einer ursprünglich einzubeziehenden Strafe eine unmittelbare Anwendung des § 55 StGB durch das Berufungsgericht ausscheidet.
Normenkette
StGB § 55
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 04.08.2011; Aktenzeichen 27 Cs 300 Js 18220/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Angeklagte wird wegen Diebstahls in 3 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Freiburg vom 04.08.2011 - 27 Cs 300 Js 18220/11 - zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten
verurteilt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
I.
Durch Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 21.07.2011 wurde der Angeklagte "wegen Diebstahls und tatmehrheitlich dazu gewerbsmäßigen Diebstahls in 2 tatmehrheitlichen Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten mit Bewährung verurteilt. Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung ein, die sie wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte. Ihr Rechtsmittel, mit dem sie eine höhere Strafe sowie den Wegfall der Strafaussetzung zur Bewährung erstrebte, hatte Erfolg. Der ungeschickt formulierte Tenor (vgl. dazu Meyer-Goßner, Hinweise zur Abfassung des Strafurteils, NStZ 1988, 529) musste insgesamt neu gefasst werden, zumal eine nachträgliche Gesamtstrafe nach § 55 StGB zu bilden war.
II.
Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Strafkammer folgende Feststellungen getroffen:
... (wird ausgeführt)
Der Angeklagte ist bereits erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten...(wird ausgeführt). Zuletzt wurde der Angeklagte wie folgt verurteilt:
1. Am 27.12.2010 verurteilte ihn das Amtsgericht Freiburg - 30 Cs 350 Js 34440/10 - wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,-- Euro.
Nach den Feststellungen des Strafbefehls fuhr der Angeklagte ohne gültigen Fahrausweis am 21.10.2010 gegen 10.13 Uhr mit der Straßenbahn der Linie 3 in Freiburg von der Johanneskirche in Richtung Munzinger Straße. Er hatte bereits bei Fahrtantritt vor, den Fahrpreis von 2,10 Euro nicht zu entrichten.
Als der Angeklagte die Geldstrafe nicht bezahlte, wurde er am 12.10.2011 zur Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe in Haft genommen. Am nächsten Tag bezahlte ein Bekannter des Angeklagten die Geldstrafe für ihn, so dass der Angeklagte am 13.10.2011 wieder aus der Haft entlassen wurde.
2. Am 04.08.2011 verurteilte ihn das Amtsgericht Freiburg - 27 Cs 300 Js 18220/11 - wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,-- Euro.
Nach den Feststellungen des Strafbefehls fuhr der Angeklagte ohne gültigen Fahrausweis am 14.05.2011 gegen 12.11 Uhr mit der Straßenbahn der Linie 3 in Freiburg im Bereich der Eschholzstraße. Er hatte bereits bei Fahrtantritt vor, den Fahrpreis von 2,10 Euro nicht zu entrichten.
Diese Geldstrafe ist noch nicht bezahlt.
III.
Infolge der wirksamen Beschränkung der Berufung der Staatsanwaltschaft sind der Schuldspruch und die ihn tragenden tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts in Rechtskraft erwachsen, so dass folgender Sachverhalt für die Kammer bindend feststeht:
Die 1. Tat.
Am 25.08.2010 entwendete der Angeklagte in den Geschäftsräumen der Firma Karstadt Warenhaus AG, Kaiser-Josef-Straße in Freiburg, 3 Flaschen Moet & Chandon Champagner im Gesamtwert von 104,85 Euro, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten. Der Angeklagte beabsichtigte, die Ware gewinnbringend weiter zu verkaufen, um sich so seine Drogensucht zu finanzieren. Zum Tatzeitpunkt stand der Angeklagte unter dem Einfluss von Benzodiazepam.
Die 2. Tat.
Am 06.10.2010 gegen 16.45 Uhr entwendete der Angeklagte wiederum in den Geschäftsräumen der Firma Karstadt Warenhaus AG, Kaiser-Josef-Straße in Freiburg, 3 Flaschen Moet & Chandon Champagner im Gesamtwert von 104,85 Euro, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten. Der Angeklagte beabsichtigte auch hier, die Ware gewinnbringend weiter zu verkaufen, um sich so seine Drogensucht zu finanzieren. Zum Tatzeitpunkt stand der Angeklagte unter dem Einfluss von Benzodiazepam.
Die 3. Tat.
Am 18.11.2010 gegen 11.35 Uhr entwendete der Angeklagte in den Geschäftsräumen der Firma Backwerk am Hauptbahnhof in Freiburg einen Christstollen im Wert von 2,-- Euro, um diesen ohne Bezahlung für sich zu behalten. Zum Tatzeitpunkt stand der Angeklagte unter dem Einfluss von Benzodiazepam.
IV.
Der Angeklagte hat sich somit des Diebstahls in Fällen, davon in einem Fall des Diebstahls einer geringwertigen Sache und in 2 Fällen des gewerbsmäßigen Diebstahls, gemäß §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 248 a, 53 StGB strafbar gemacht. Er beging diese Taten auf Grund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit (§ 17 Abs. 2 BZRG).