Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Ordentliche Kündigung des Mieters bei unklarer Formularklausel zur Vertragsbefristung. Wohnraummiete: Verzugszinsanspruch bei Nichtanlage der Mietkaution
Leitsatz (amtlich)
1. Eine vom Vermieter verwendete Vertragsklausel, nach der das Mietverhältnis einerseits befristet ist, andererseits aber fristgemäß gekündigt werden kann, bleibt unklar und steht einer ordentlichen Kündigung des Mieters nicht entgegen.
2. Die Ersatzpflicht des Vermieters aus unterlassener Anlage der Kaution ist eine nicht dem Zinseszinsverbot unterliegende Schadensersatzpflicht.
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 22.11.1995 verkündete Urteil des Amtsgerichts Friedberg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 4.838,14 DM nebst 4 % Zinsen aus 4.609,90 DM seit dem 25.07.1995 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Gründe
Die Parteien streiten über die Rückzahlung einer Mietsicherheit. Durch Formularvertrag vom 6.7.1992 mieteten die Kläger ein Einfamilienhaus der Beklagten. In § 2 des Vertrages heißt es zur Mietzeit:
"1. Das Mietverhältnis beginnt am 1. August 1992.
Der Mietvertrag wird auf die Dauer von 36 Monaten geschlossen. Das Mietverhältnis endet am 31. Juli 1995.
2. Die Kündigungsfrist beträgt
3 Kalendermonate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums weniger als 5 Jahre vergangen sind,
6 Kalendermonate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums 5 Jahre vergangen sind, ...
3. Die Kündigung muß schriftlich bis zum dritten Werktag des ersten Monats der Kündigungsfrist zugehen."
Durch Schreiben vom 20.3.1994 kündigten die Kläger das Mietverhältnis, gestützt auf § 2 Abs. 2 des Mietvertrages, zum 30.6.1994 und zogen aus. Die Beklagte widersprach der Kündigung. Sie vermietete das Haus zum 1.11.1994 weiter. Wegen der Miete für Juli, August und September 1994 bediente sie sich aus der Kaution, die verzinslich angelegt war und bis zum 10.8.1994 einen Betrag von 4.725,-- DM erreicht hatte. Mit Schreiben vom 14.7.1995 verlangten die Kläger unter Fristsetzung zum 24.7.1995 Rückzahlung des Kautionsbetrages, zuzüglich der Zinsen (113,14 DM), die bei Fortdauer der Anlage des Geldes bis dahin angefallen wären.
Die Beklagte stützt ihre Zahlungsverweigerung auf § 2 Abs. 1 des Mietvertrages. Außerdem behauptet sie, die Parteien seien sich bei Abschluß der Vereinbarung einig gewesen, das Mietverhältnis für die Dauer von 36 Monaten ohne Kündigungsmöglichkeit fest einzugehen. In Höhe eines Teilbetrages von 198,43 DM rechnet die Beklagte hilfsweise mit einer noch offenen Nebenkostennachforderung für 1994 auf.
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 4.838,14 DM nebst 4 % Verzugszinsen gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen wenden sich die Kläger mit der Berufung, die zulässig und ganz überwiegend auch begründet ist.
Die Beklagte ist verpflichtet, den Klägern die geleistete Mietsicherheit einschließlich der bis zum 10.8.1994 angewachsenen Zinsen (4.725,-- DM) zurückzuzahlen. Dies ist in § 24 Abs. 2 S. 2 und 3 des Mietvertrages so vereinbart. Der Rückzahlungsanspruch der Kläger ist auch nicht durch Aufrechnung (§ 387 ff. BGB) mit Mietzinsforderungen der Beklagten (§ 535 S. 2 BGB) für die Zeit von Juli bis September 1994 erloschen. Aufgrund der fristgerechten Kündigung der Kläger endete das Mietverhältnis schon zum 30.6.1994 (§§ 564 Abs. 2, 564a Abs. 1, 565 Abs. 2 BGB und § 2 Abs. 2 des Mietvertrages). Die Parteien hatten trotz der in § 2 Abs. 1 des Mietvertrages getroffenen Regelung keine bestimmte Mietzeit vereinbart, während der die ordentliche Kündigung ausgeschlossen war (§ 564 Abs. 1 BGB). Vielmehr ergibt die Auslegung des schriftlichen Mietvertrages, daß das Mietverhältnis unbefristet sein sollte.
Soweit die Beklagte behauptet, man sei sich bei Vertragsschluß -- unabhängig vom Wortlaut der Vertragsurkunde -- über die Befristung und den Ausschluß der ordentlichen Kündigung bis zum 31.7.1995 einig gewesen, ist ihr Vortrag zwar erheblich. Ein übereinstimmender Wille der Parteien ist nach dem im bürgerlichen Recht herrschenden Grundsatz der Privatautonomie auch dann maßgebend, wenn er in der Erklärung nicht oder nur unvollkommenen zum Ausdruck kommt. Er geht deshalb dem Wortlaut und jeder anderen Deutung des Vertrages vor. Das gilt gem. § 4 AGBG auch dann, wenn die Parteien eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen -- vorliegend § 2 des Mietvertrages -- übereinstimmend abweichend von ihrem objektiven Sinn verstehen, wobei sich das abweichende Verständnis auch zugunsten des Verwenders auswirken kann (BGH, NJW 1995, 1494 (1496); BGHZ 113 251 (259)). Die Beklagte hat ihre Behauptung aber nicht beweisen können. Die von der Kammer als Zeugen vernommenen Eltern der Beklagten konnten zu der Frage, in welchem Sinne die Parteien ihre bei Vertragsschluß zur Mietzeit abgegebenen Erklärungen verstanden haben, nichts sagen. Der Vater war nur am Beginn der Unterr...