Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines zehnjährigen Staffelmietvertrages
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Staffelmietvereinbarung ist unwirksam, wenn sie über den Zeitraum von zehn Jahren hinaus eine Staffelregelung enthält oder die Staffeln nicht genau angibt, sondern ihre Art lediglich beispielhaft aufzählt.
Tatbestand
Durch Mietvertrag v. 29.8.1985 vermietete der Beklagte den Klägern eine Wohnung im Hause ab dem 1.10.1985. Der monatliche Nettomietzins betrug zunächst 580,- DM. In § 26 des Mietvertrages wurde bezüglich der Miethöhe folgendes geregelt:
"Die Kaltmiete erhöht sich je Wohnjahr um DM 20,- am 1. Oktober 1986 von mtl. 580,- DM auf mtl. 600,- DM, am 1. Oktober 1987 von mtl. 600,- DM auf mtl. 620,- DM, am 1. Oktober 1988 von mtl. 620,- DM auf mtl. 640,- DM usw."
Die Kläger zahlten ab dem 1.10.1986 600,- DM und im Oktober des Folgejahres jeweils 20,- DM mehr als im Vorjahr. Von Oktober bis November 1992 zahlten sie 700,- DM.
Für die Zeit vom 1.10.1986 bis November 1992 fordern die Kläger die Beträge zurück, die sie über die zunächst vereinbarten 580,- DM hinaus gezahlt haben.
Der Beklagte ist der Auffassung, von 1989 bis 1992 sei ein neuer Mietzins frei vereinbart worden. Im übrigen seien die bezahlten Beträge jeweils ortsüblich gewesen.
Das AG Gießen hat der Klage teilweise stattgegeben. Die in § 26 des Mietvertrages vereinbarte Staffelmiete sei wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 Ziff. 4 MHG unwirksam, soweit sich die Miete nach dem 1.10.1988 über den Betrag von 640,- DM hinaus erhöhen solle. Nach der genannten Vorschrift müsse der Mietzins nämlich betragsmäßig ausgewiesen sein; dies bedeute, daß der Mietzins in konkreten DM-Beträgen ausgewiesen sein müsse. Die Angabe nur des Steigerungsbetrags führe zur Unwirksamkeit der Vereinbarung. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, die Folgemieten seien frei vereinbart worden. Die Parteien seien davon ausgegangen, die Staffelmietvereinbarung sei wirksam. Ohne die Staffelmietvereinbarung hätten die Kläger keine höhere Miete gezahlt. Da es der Zweck des § 10 MHG sei, die zu zahlende Miete überschaubar zu machen, sei die Regelung wirksam, soweit die Erhöhungen bis auf einen Betrag von 640,- DM betroffen sind. Insoweit werde § 10 MHG beachtet.
Entscheidungsgründe
Das Urteil des AG ist abzuändern und der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
Die Kläger haben Anspruch auf Rückzahlung von insgesamt 5 280,- DM Miete, die sie aufgrund der im Mietvertrag der Parteien v. 29.8.1985 enthaltenen Staffelmietvereinbarung in der Zeit vom 1.10.1986 bis 30.11.1992 ohne Rechtsgrund an den Beklagten entrichtet haben. Die Kläger schuldeten bis zum 30.11.1992 monatlich nur 580,- DM Mietzins. Sie haben jedoch in der Zeit vom 1.10.1986 bis 30.9.1987 monatlich 600,- DM und in den darauf folgenden Jahren jeweils 20,- DM Miete monatlich mehr entrichtet. Zuletzt haben die Kläger in der Zeit vom 1.10.1991 bis 30.11.1992 einen Betrag von monatlich 700,- DM gezahlt.
Die Staffelmietvereinbarung in § 26 des Mietvertrages, auf der die zusätzlichen Zahlungen der Kläger beruhten, ist unwirksam, weil sie gegen § 10 Abs. 2 MHG verstößt. Nach der getroffenen Vereinbarung sollte sich die Kaltmiete je Wohnjahr um 20,- DM erhöhen. Da das Mietverhältnis am 1.10.1985 begann, sollte die Erhöhung erstmals am 1.10.1986 eintreten. Diese Staffelmietvereinbarung verstößt in zweifacher Hinsicht gegen § 10 Abs. 2 MHG. Zum einen gilt sie unbegrenzt, also über den Zeitraum von 10 Jahren hinaus. Zum anderen ist der jeweils zu zahlende höhere Betrag nur für die Zeit ab 1.10.1986, 1.10.1987 und 1.10.1988, nicht aber für die folgenden Jahre betragsmäßig ausgewiesen. Der Auffassung des AG, die Staffelmietvereinbarung sei wirksam, soweit die ab 1.10.1986, 1.10.1988 zu zahlende höhere Miete betragsmäßig genau angegeben sei, kann nicht gefolgt werden. Die Staffelmietvereinbarung ist als einheitliche Regelung zu betrachten. Entscheidend ist, daß es heißt, die Kaltmiete erhöhe sich je Wohnjahr um 20,- DM. Eine zeitliche Begrenzung ist insoweit nicht vereinbart worden. Soweit für die ersten drei Jahre der erhöhte Betrag genau angegeben wird (600,- DM ab 1.10.1986, 620,- DM ab 1.10.1987 und 640,- DM ab 1.10.1988), handelt es sich lediglich um eine beispielhafte Aufzählung im Rahmen der umfassenden und zeitlich unbegrenzten Regelung.
Fundstellen