Verfahrensgang
AG Göttingen (Entscheidung vom 13.07.2007; Aktenzeichen 71 IN 28/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Göttingen zurück verwiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die antragstellende Gläubigerin.
Beschwerdewert: bis zu 6.000,-- Euro.
Gründe
Am 23.2.2007 hat die Gläubigerin den Antrag gestellt, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zu eröffnen. Die Gläubigerin hat angegeben, gegen den Schuldner bestünden Abgabenrückstände im Gesamtbetrag von 1.221.530,22 Euro. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 7.6.2007 die Einholung eines schriftlichen Gutachtens zur Beantwortung der Fragen angeordnet, ob ein Eröffnungsgrund gemäß § 16 InsO vorliege, ob eine die Verfahrenskosten deckende Masse vorhanden sei und ob zur Sicherung der Masse Anordnungen erforderlich seien. Zum Sachverständigen hat das Amtsgericht den Rechtsanwalt F. in Göttingen bestellt. Der Sachverständige hat am 11.7.2007 das Gutachten erstattet. Hierin kommt er zu dem Ergebnis, dass der Schuldner Eigentümer zahlreicher Immobilien ist, diese jedoch wertausschöpfend belastet seien. Auch eine Lebensversicherung des Schuldners sei von dritter Seite belastet. Aus den bisherigen Erkenntnissen ergebe sich eine Insolvenzmasse, die mit 29,-- Euro zu bewerten sei, so dass die zu erwartenden Verfahrenskosten nicht gedeckt seien. Der antragstellende Gläubiger habe sich jedoch ihm, dem Sachverständigen gegenüber bereit erklärt einen Kostenvorschuss in Höhe von 5.000,-- Euro zu entrichten. Die zu erwartenden Verfahrenskosten würden damit gedeckt, so dass die Eröffnung des Verfahrens vorgeschlagen werde.
Das Gutachten ist am 11.7.2007 beim Amtsgericht Göttingen eingegangen. Mit Beschluss vom 13.7.2007 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, das Verfahren sei zu eröffnen, weil der Schuldner zahlungsunfähig sei und die Verfahrenskosten von der Antragstellerin vorgestreckt würden. Für das Verfahren sei auch das Insolvenzgericht Göttingen zuständig, weil nach Artikel 3 Abs. 1 EuInsVO der Mittelpunkt des wirtschaftlichen Interesses des Schuldners im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Göttingen liege. Nach dem Gutachten sei von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auszugehen, eine genügende Liquidität habe der Sachverständige nicht feststellen können.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Schuldner mit der sofortigen Beschwerde. Er rügt zunächst die Zuständigkeit des Amtsgerichts Göttingen. Die Annahme des Gerichts, dass die wirtschaftlichen Interessen des Schuldners im Bezirk des Amtsgerichts Göttingen lägen, seien rein spekulativer Art. Der Schuldner habe seinen ausschließlichen Lebensmittelpunkt bereits seit dem 31.10.2004 in I.. Des Weiteren habe der antragstellende Gläubiger die Forderung nicht hinreichend glaubhaft gemacht, weil Steuerbescheide nicht vorgelegt worden seien. Der Schuldner bestreite auch, dass dem antragstellenden Gläubiger die behaupteten Forderungen überhaupt zustünden. Der Schuldner sei auch nicht zahlungsunfähig.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 27.11.2007 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und ausgeführt, dass die internationale Zuständigkeit hier aus Artikel 3 EuInsVO folge. Es stehe auch der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit fest, denn der antragstellende Gläubiger habe die Steuerbescheide, die überwiegend bestandskräftig seien, vorgelegt.
Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 34 Abs. 2 InsO zulässig und insoweit begründet, als der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung zurück zu verweisen ist. Dem Amtsgericht ist bei Entscheidung ein Verfahrensfehler unterlaufen. Im gegenwärtigen Zeitpunkt durfte das Amtsgericht das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnen.
Zwar hat das Amtsgericht seine Zuständigkeit zu Recht bejaht, denn nach Artikel 3 Abs. 1 EuInsVO ist das Amtsgericht Göttingen für die Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständig. Im Zeitpunkt der Antragstellung lag der Mittelpunkt des hauptsächlichen Interesses des Schuldners im Bezirk des Amtsgerichts Göttingen und nicht in dem Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats, hier I.. Für die Frage der Zuständigkeit muss sich das Gericht an den tatsächlichen Verhältnissen orientieren, wie sie im Zeitpunkt der Antragstellung bzw. vor der Antragstellung bestehen (vgl. Mankowski, NZI 2005, 369). Zwar hat der Schuldner seinen Wohnsitz seit dem 31.10.2004 in I., denn entsprechend der von ihm vorgelegten Meldebestätigung, hat er sich an diesem Tag in Bodenfelde abgemeldet und in J./I. angemeldet. Für das K. kommt es jedoch nicht auf den Wohnsitz an, sondern auf den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. Paulus, NZI 2001, 505, 509; Frankfurter Kommentar zur InsO/Wimmer, 4. Auflage Anhang I Rdnr. 76; Kemper, ZIP 2001, 1609, 1612). Zwar hatte der Schuldner im...