Verfahrensgang
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Iserlohn vom 10. Mai 2011 wird aufgehoben.
Der Antrag des Verteidigers vom 21. April 2011 wird zurückgewiesen
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Durch Urteil des Amtsgerichts Iserlohn vom 17. März 2011 wurde der Angeklagte von dem Vorwurf des Raubes freigesprochen. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft unter dem 24. März 2011 Berufung eingelegt. Die Berufungseinlegung wurde dem Verteidiger mit Verfügung vom 25. März 2011 mitgeteilt.
Am 27. April 2011 nahm die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück, ohne diese zuvor begründet zu haben.
Mit Schriftsatz vom 22. April 2011 hat der Verteidiger des Angeklagten Gebühren und Auslagen für das Berufungsverfahren gem. Nr. 4124 VV-RVG in Höhe von 288,87 Euro geltend gemacht.
Unter Abzug angemeldeter Kopien hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10. Mai 2011 eine Vergütung in Höhe von 282,03 Euro festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss hat der Bezirksrevisor beim Landgericht Hagen namens der Landeskasse unter dem 18. Mai 2011 Erinnerung eingelegt, mit der Begründung, eine Verfahrensgebühr sei im Berufungsverfahren noch nicht entstanden. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Schreiben des Bezirksrevisors (Bl. 222 ff. d. A.) verwiesen.
In seiner Stellungnahme hat der Verteidiger unter dem 08. Juni 2011 u. a. ausgeführt, dass aus seiner Sicht eine Gebühr bereits entstanden sei, da er seinen Mandanten darüber beraten habe, was eine Berufung bedeute, welche verfahrensrechtlichen Möglichkeiten bestünden und welcher Verfahrensausgang durch das Rechtsmittel ggf. zu erwarten sei. Wegen der Einzelheiten der Stellungnahme wird auf den Schriftsatz des Verteidigers (Bl. 226 ff.) verwiesen.
Mit Beschluss vom 11. Oktober 2011 hat das Amtsgericht die Erinnerung der Landeskasse zurückgewiesen, da eine Gebühr für den Verteidiger bereits entstanden sei, da die bisherige Tätigkeit des Verteidigers notwendig und nicht nur rein hypothetischer Art gewesen sei. Wegen der Gründe dieses Beschlusses wird auf Bl. 245 f. d. A. Bezug genommen.
Hiergegen hat der Bezirksrevisor namens der Landeskasse unter dem 26. Oktober 2011 Beschwerde eingelegt.
II.
Die gem. §§ 56 Abs. 2 i. V. m. 33 Abs. 3 - 8 RVG zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Iserlohn vom 10. Mai 2011 ist begründet.
Das Entstehen einer Verfahrensgebühr gem. Nr. 4124 VV-RVG für die Tätigkeit des Verteidigers der Angeklagten zu 1. im Rahmen des Berufungsverfahrens ist nicht feststellbar.
Die Tätigkeit des Verteidigers war im Rahmen des Berufungsverfahrens - vor Begründung der Berufung durch die Staatsanwaltschaft, zu der diese nach RiStBV 156 I gehalten ist, - noch nicht entstanden. In diesem Verfahrensstadium hatte der Verteidiger mangels Berufungsbegründung noch keinen konkreten Anhaltspunkt, in welche Richtung eine Verteidigung erforderlich sein könnte. Dabei ist zu berück-sichtigen, dass es bei freisprechenden Urteilen üblich ist, dass die Staatsanwaltschaft - vorsorglich - Berufung einlegt, und diese anschließend zurücknimmt.
Anderes kann sich ergeben, wenn der Verteidiger mit der Staatsanwaltschaft Gespräche geführt hat, die zur Rücknahme der Berufung geführt haben, was hier nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich ist. Vor der Begründung des von der Staatsanwaltschaft eingelegten Rechtsmittels, zumindest aber vor Terminierung der Berufungshauptverhandlung durch das Berufungsgericht, besteht jedenfalls aus Sicht eines verständigen Verteidigers keine Notwendigkeit, anwaltliche Tätigkeit zu entfalten, weil das Ziel und die Angriffspunkte des Rechtsmittels noch nicht bekannt sind. Der Angeklagte könnte sich mit seinem Verteidiger nur über potentielle und hypothetische Angriffe beraten und theoretisch eine bestimmte Verteidigungsstrategie entwerfen. Eine diesbezügliche Tätigkeit des Verteidigers wäre nur spekulativ, also gerade nicht zweckentsprechend und sachgerecht.
Damit kann auch eine Erstattung von in der Rechtsmittelinstanz entstandenen Auslagen wie Kopien nicht erfolgen, da die Erstattungsfähigkeit von der Entstehung der Gebühren in der Rechtsmittelinstanz abhängt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 S. 2 RVG.
Fundstellen