Leitsatz (amtlich)

Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach ein auswärtiger Wahlverteidiger im Kostenfestsetzungsverfahren hinsichtlich der Reisekosten grundsätzlich nicht schlechter gestellt werden dürfe, als ein Pflichtverteidiger bei der Festsetzung seiner Vergütung.

 

Verfahrensgang

AG Hamburg-Barmbek (Entscheidung vom 23.06.2011; Aktenzeichen 842-213/10)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Staatskasse vom 20.07.2011 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 23.06.2011 (842-213/10) dahingehend geändert, dass die dem Freigesprochenen aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf EUR 1.732,70 festgesetzt werden.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Mit Urteil vom 18.03.2011 sprach das Amtsgericht Hamburg-Barmbek den Angeklagten X. von den durch Anklage vom 08.06.2010 erhobenen Tatvorwürfen des Betruges und der Urkundenfälschung frei. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten, der sich durch einen in Berlin ansässigen Verteidiger, vertreten ließ, (4 Hauptverhandlungstermine zwischen jeweils einer halben bis zu 2 1/2 Stunden), wurden der Staatskasse auferlegt.

Mit Schreiben vom 31.03.2011 beantragte der Verteidiger des Angeklagten die Festsetzung der angefallenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von insgesamt EUR 3.065,22. Hierin enthalten waren neben einer Grundgebühr gem. Nr. 4100 VV RVG in Höhe von EUR 237,30, einer Verfahrensgebühr gern. Nr. 4106 VV RVG in Höhe von EUR 208,60, 2 Terminsgebühren gern. Nr. 4108 VV RVG in Höhe von EUR 600,- bzw. EUR 460,- unter anderem Reiskosten gemäß Nr. 7004 W in Höhe von insgesamt EUR 1.016,10.

Mit Beschluss vom 23.06.2011 hat das Amtsgericht Hamburg-Barmbek die zu erstattenden notwendigen Auslagen auf EUR 2.748,80 festgesetzt. Dabei wurden folgende Kürzungen vorgenommen:

Die Grundgebühr gem. Nr. 4100 VV RVG wurde lediglich auf EUR 180,- festgesetzt, die Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RGV auf EUR 170,- und die Terminsgebühren gern. Nr. 4108 RVG für den 19.02. und 04.03. auf jeweils EUR 180,-. Im Übrigen wurden dem Antrag des Verteidigers stattgegeben.

Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 20.072011, wobei sie insbesondere die antragsgemäße Festsetzung der Reisekosten rügt, da keine Gründe für die Verteidigung durch einen auswärtigen Anwalt dargelegt worden seien.

II.

Die gemäß § 464b StPO i.V.m. §§ 11 Abs. 1, Abs. 3 RPfIG zulässige sofortige Beschwerde, über die der Einzelrichter gemäß §§ 464b S. 3 StPO i.V.m. § 568 S. 1 ZPO zu entscheiden hat, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.

1.

Zu Recht rügt die Bezirksrevision die durch das Amtsgericht erfolgte Festsetzung der Reisekosten. Gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit erstattungsfähig, als die Zuziehung notwendig war. Dies war vorliegend nicht der Fall.

Entgegen der durch den Antragsteller im Schriftsatz vom 21.06.2011 vertretenen Auffassung gibt es auch keinen dahingehenden allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach ein Wahlverteidiger im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht schlechter gestellt werden dürfe, als ein Pflichtverteidiger bei der Festsetzung seiner Vergütung (vgl. hierzu LG Düsseldorf, Beschluss vom 02.02.2011, 4 Qs 80 Js). Im Rahmen der Kostenfestsetzung gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 ZPO wird vielmehr darüber befunden, welche der dem Angeklagten aus dem Mandatsverhältnis entstehenden Rechtsanwaltskosten als notwendige Auslagen von der Staatskasse zu erstatten sind. Für den Wahlverteidiger bedeutet dies, dass er wie ein Pflichtverteidiger die Fahrtkosten in voller Höhe erstattet bekommt, allerdings im Innenverhältnis von seinem Mandanten. Er steht damit wirtschaftlich nicht schlechter als der Pflichtverteidiger (vgl. LG Düsseldorf a.a.O.).

Für die hier maßgebliche Frage, welche Kosten aus dem Mandatsverhältnis von der Staatskasse erstattet werden, knüpft das Gesetz an die Notwendigkeit der entstandenen Kosten. Entscheidend ist somit, ob und inwieweit es notwendig war, sich im Rahmen eines Hamburger Strafverfahrens als in Hamburg wohnhafter Angeklagter durch einen in Berlin ortsansässigen Rechtsanwalt verteidigen zu lassen. Hierzu hat der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten lediglich eine "bestehende Beziehung in anderen Verfahren" vorgetragen, die eine erneute Verständigung zwar vereinfacht haben mag, jedoch keine Notwendigkeit im vorstehend genannten Sinne begründet, zumal das Verfahren weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufwies.

Nach alledem waren die beantragten Reisekosten nicht festzusetzen. Dies gilt insbesondere auch nicht für die allein in Hamburg angefallenen Kosten, da es sich insoweit entsprechend Teil 7. Auslagen Vorbemerkung 7 Abs. (2) V...

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