Verfahrensgang

AG Hamburg (Beschluss vom 21.01.1999; Aktenzeichen 102 II 445/98 WEG)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 21.1.1999 – 102 II 445/98 WEG – wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerinnen tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Geschäftswert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf DM 5.000.– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … in … Hamburg.

Der Ehemann der Antragstellerin hat die Wohnanlage errichtet und mit Teilungserklärung vom 16.12.1971 in Wohnungseigentum aufgeteilt. Er war wegen seiner besonderen Sachkenntnis in vergangenen Jahren häufig auf den Versammlungen der Eigentümergemeinschaft anwesend. Er war zudem der Geschäftsführer der früheren Verwalterin.

Da die Antragstellerin wegen ihres Alters und gesundheitlicher Beschwerden nicht mehr selbst an den Wohnungseigentümerversammlungen teilnehmen konnte, hat ihr Ehemann sie in der Vergangenheit in der Regel auf den Wohnungseigentümerversammlungen vertreten.

Der Ehemann der Antragstellerin ist unstrittig erblindet und benötigt daher Begleitung. Er hat sich von dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, Herrn Rechtsanwalt Z. der die Antragstellerin in mehreren Verfahren gegen die Antragsgegnerinnen vertritt, begleiten lassen.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 15.7.1998 hat die Gemeinschaft Herrn Rechtsanwalt Z. von der Teilnahme der Versammlung ausgeschlossen. Der Ehemann der Antragstellerin hat daraufhin ebenfalls die Versammlung verlassen.

§ 14 Abs. 2 der Teilungserklärung enthält zur Vertretung der Wohnungseigentümer die folgende Regelung:

„Jedem Sondereigentümer ist es gestattet, sich in der Eigentümerversammlung und bei der Abstimmung vertreten zu lassen”.

Die Antragstellerin hat beantragt,

den Antragsgegnerinnen zu verbieten, Herrn Rechtsanwalt Z. als Beistand für den schwerbehinderten Ehemann und Bevollmächtigten der Antragstellerin von der Teilnahme an künftigen Wohnungseigentümerversammlungen auszuschließen, und zwar bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung, welches den Betrag von DM 500.000,00 nicht übersteigen darf.

Die Antragsgegnerinnen haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Hiergegen wenden sich die Antragsgegnerinnen mit ihrer sofortigen Beschwerde

und beantragen,

den Beschluss des Amtsgericht aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin vom 27.8.1998 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Parteien begründen ihre Anträge im wesentlichen mit Rechtsausführungen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Verfahrensgangs wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung dem Antrag stattgegeben.

a) Der Antrag ist zulässig, es fehlt insbesondere nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Der Antrag ist gerichtet auf Regelung eines Rechtsverhältnisses zwischen den Wohnungseigentümern. Solch ein Antrag ist grundsätzlich als Regelungsantrag zulässig. Die Antragstellerin kann im vorliegenden Fall auch nicht auf die Anfechtung des Ausschlussbeschlusses beschränkt sein. Die Versammlung vom 13.8.1998 ist abgehalten, so daß der Ausschluss von dieser Versammlung sich durch Zeitablauf erledigt hat. Die Anfechtung dieses Beschlusses würde der Antragstellerin nicht helfen, denn es geht hier die Zulassung zu Versammlungen in der Zukunft Da die Antragsgegnerinnen zu erkennen gegeben haben, daß der Ausschluss nicht einen konkreten Einzelfall betraf, sondern generell Rechtsanwalt Z. von der Teilnahme an den Eigentümerversammlungen ausgeschlossen werden soll, besteht schon unter dem Gesichtspunkt der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Regelungsantrag. Denn mit der Anfechtung der jeweiligen Ausschlussbeschlüsse könnte die Antragstellerin nie die Zulassung von Rechtsanwalt Z. zu den Versammlungen erreichen.

b) Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Zulassung von Rechtsanwalt Z. als Beistand für ihren sie vertretenden Ehemann.

Grundsätzlich ist die Antragstellerin nach der Teilungserklärung in der Wahl ihres Vertreters frei. Sie kann daher ihren blinden Ehemann zum Vertreter ernennen.

Dieser ist wegen seiner Erblindung nicht von vornherein für die Vertretung ungeeignet. Denn dieses Hindernis kann durch einen Beistand völlig beseitigt werden.

Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung verbietet nicht die gleichzeitige Anwesenheit von Vertreter und Beistand. Zum einen ist der Grundsatz durch die Regelung in der Gemeinschaftsordnung, daß der Vertreter frei ausgewählt werden kann, weitestgehend eingeschränkt. Zum anderen folgt daraus nicht, daß immer nur die Anwesenheit eines Gemeinschaftsfremden zuzulassen ist. So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 2...

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