Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummietvertrag: Stillschweigende Vertragsänderung durch jahrelange Nichtabrechnung von Betriebskostenvorauszahlungen
Orientierungssatz
Wenn ein Wohnungsvermieter jahrelang (hier: 14 Jahre) vereinbarungsgemäß geleistete Betriebskostenvorauszahlungen nicht abrechnet und der Mieter dies nicht beanstandet, ist darin eine konkludente Vertragsänderung dahin zu sehen, dass der Mieter nur eine Betriebskostenpauschale in Höhe der ursprünglich vereinbarten Vorauszahlungen schuldet.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Amtsgerichts Hamburg vom 12.01.2004 (Geschäftsnr. 49 C 593/01) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, sie ist in der Sache jedoch nicht begründet. Mit zutreffender Begründung, der die Kammer folgt, hat das Amtsgericht entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf Ausgleich der Betriebskostennachforderung aus der Abrechnung 2000 zusteht. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Entscheidung, sondern gibt nur Veranlassung zu den nachfolgenden Hinweisen.
Zutreffend legt der Kläger zugrunde, dass die Parteien im schriftlichen Mietvertrag eine Nettomiete nebst Vorauszahlungen auf eine Betriebskostenabrechnung vereinbart hatten. Diese Vereinbarung wurde indes, wie das Amtsgericht zu Recht angenommen hat, im Laufe des Mietverhältnisses konkludent dahin geändert, dass die Beklagte eine Betriebskostenpauschale entrichtet, die eine Abrechnung über die in der Abrechnungsperiode entstandenen Betriebskosten nicht zulässt. Ob hierfür eine bestimmte Übung über einen Zeitraum von hier 14 Jahren ausreicht, ist streitig, bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung. Soweit der Kläger nämlich einen Vorgang vermisst, der auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen schließen lässt, übersieht er, dass in § 4 Mietvertrag zwei getrennte Vorauszahlungen festgelegt worden waren, zum einen für die Betriebskosten und zum anderen für die Heizkosten. Entsprechend dieser vertraglichen Vorgabe wurde stets über die Heizkosten abgerechnet, nicht jedoch über die Betriebskosten. Aus der maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers (vgl. BGH NJW-RR 2000, 1463 = NZM 2000, 961, BGH NZM 2004, 418 = WuM 2004, 292) konnte die Beklagte das über fast 1 1/2 Jahrzehnte andauernde Verhalten des Klägers nur dahin verstehen, dass er über die Betriebskosten nicht abrechnen, sondern es bei einem pauschalen Ausgleich belassen wollte. Hiermit erklärte sie sich stillschweigend einverstanden, indem sie z.B. nie eine Abrechnung reklamierte. Da es auf die Sicht des Erklärungsempfängers ankommt, ist es irrelevant, warum der Kläger von der Übersendung von Abrechnungen absah, was auch für den vom ihm angegebenen Grund, seine Vergesslichkeit, gilt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1737623 |
NZM 2005, 216 |