Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Gebäudeeigentümers/Vermieters für einen Treppensturz des Mieters: Voraussetzungen für die Annahme einer Verkehrssicherungspflichtverletzung durch Nichteinhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften. Haftung des Gebäudeeigentümers/Vermieters für einen Treppensturz des Mieters: Kausalzusammenhang zwischen dem Treppensturz und der unzureichenden Beschaffenheit des Treppengeländers. Haftung des Gebäudeeigentümers/Vermieters für einen Treppensturz des Mieters: überwiegendes Mitverschulden des Mieters
Orientierungssatz
1. Ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht des Gebäudeeigentümers kann vorliegen, wenn gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften verstoßen wird, die dem Schutz des Benutzers dienen. Allerdings ist maßgeblich darauf abzustellen, ob das Schutzgesetz schon zur Zeit der Errichtung oder Veränderung des Bauwerks galt, denn nur dann indiziert das Abweichen von baupolizeilichen Regelungen ein besonderes Sicherungsbedürfnis. Eine entsprechende Nachrüstungspflicht des Gebäudeeigentümers/Vermieters besteht allgemein nicht, da dies zu unzumutbaren Belastungen des Gebäudeeigentümers führen würde.
2. Selbst unterstellt, aus dem konkreten Erhaltungszustand einer Wendeltreppe in einem Mietshaus (hier: im Jahre 1980 umgebauter Altbau) ergebe sich eine Verkehrssicherungspflicht des Gebäudeeigentümers dahin, die Treppe mit einem stabilen Handlauf zu versehen, fehlt es im Falle eines Treppensturzes eines Mieters jedenfalls an der Kausalität zwischen dem Sturz und einer etwaigen Verkehrssicherungspflichtverletzung, wenn der Sturz sich beim Hinuntergehen ereignet hat. Es besteht kein Erfahrungssatz dahin, daß derjenige, der auf einer Treppe beim Hinabsteigen strauchelt, den nachfolgenden Sturz ungeachtet der ihn auslösenden Umstände mit Hilfe eines Treppengeländers hätte abfangen oder doch mildern können. Ebensowenig besteht ein Erfahrungssatz dahin, daß derjenige, der eine Treppe benutzt, sich nach Möglichkeit im Bereich der Handläufe bewegt, um für den Fall eines unerwarteten Sturzes oder Ausgleitens eine Stütze zu haben.
3. Hat ein verunfallter Mieter die Treppe in Kenntnis ihres baulichen Zustandes jahrelang fast täglich benutzt, ist selbst dann, wenn der Vermieter gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen haben sollte, ein haftungsausschließendes ganz überwiegendes Mitverschulden des Mieters an dem Unfall anzunehmen (Anschluß OLG Hamm, 1996-09-17, 9 U 54/96, VersR 1997, 200).
Fundstellen
Haufe-Index 1734645 |
NZM 1999, 663 |
ZMR 1999, 404 |
WuM 1999, 364 |