Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung, einen festgesetzten Hauptverhandlungstermin zu verlegen, ist ausnahmsweise zulässig, wenn die Ablehnung in rechtsfehlerhafter Ermessensausübung getroffen und die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung offensichtlich ist (Aufgabe der bisherigen Kammerrechtsprechung).
2. Das Gericht muss sich in seiner Entscheidung über die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags mit den Belangen des Angeklagten/Betroffenen einerseits und dem eigenen Interesse an der Aufrechterhaltung des Hauptverhandlungstermins andererseits beschäftigen und dies in seiner Entscheidung zum Ausdruck bringen müssen.
2. Die Ablehnung eines sog. Entbindungsantrags (§ 73 OWiG) ist selbständig nicht anfechtbar.
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Hannover die Anträge des Betroffenen,
a)
ihn von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen zu entbinden,
b)
den Hauptverhandlungstermin vom 19.12.2012 zu verlegen,
abgelehnt. Mit der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde begehrt der Betroffene
a)
Feststellung, daß die ablehnende Entscheidung rechtswidrig sei,
b)
Aufhebung des Hauptverhandlungstermins vom 19.12.2012,
Die Beschwerde ist unzulässig. Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen gemäß § 46 OWiG i.V.m. 305 Satz 1 StPO, nicht der Beschwerde.
hilfsweise Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zur Hauptverhandlung am 19.12.2012.
1 Bezüglich des Antrags auf Terminsverlegung gilt folgendes:
Die Frage, ob die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags mit der Beschwerde anfechtbar ist, ist umstritten. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die Beschwerde generell gemäß § 305 Satz 1 StPO unstatthaft sei (MeyerGoßner, StPO, 55. Auflage, § 213 Rdnr. 8 m. w. N.). Eine im Vordringen befindliche Auffassung sieht die Beschwerde gegen die Ablehnung, einen festgesetzten Hauptverhandlungstermin zu verlegen, als ausnahmsweise zulässig an, wenn die Ablehnung in rechtsfehlerhafter Ermessensausübung getroffen und die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung offensichtlich ist (OLG Celle, Beschluss vom 18.11.2011 - 1 Ws 453/11 - m. w. N.). Die Kammer, die bisher die Auffassung vertreten hat, dass eine Beschwerde gegen die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags generell unstatthaft sei (vgl. 48 Qs 111/11, Beschluss vom 30. August 2011; 48 Qs 129/12, Beschluss vom 2. August 2012), gibt ihre bisherige Auffassung ausdrücklich auf und schließt sich der im Vordringen befindlichen Auffassung an.
Die Beschwerde des Betroffenen gegen die Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung ist - auch unter Zugrundelegung der nunmehr vertretenen Rechtsauffassung - unzulässig. Die Entscheidung lässt erkennen, dass das Amtsgericht sich sowohl mit den Belangen des Betroffenen als auch mit den eigenen Belangen (Interesse an einer Aufrechterhaltung des Termins) auseinandergesetzt hat. Es hat mithin von seinem Ermessen Gebrauch gemacht. Insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die vorgelegte Reservierungsbestätigung für Herrn X. ausgestellt ist und weder aus der Bestätigung noch aufgrund sonstiger Umstände nachgewiesen oder auch nur erkennbar ist, dass der Betroffene an der Reise teilnimmt und deshalb ortsabwesend ist, hat das Amtsgericht sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt.
Ergänzend bemerkt die Kammer Folgendes:
Durch die Aufgabe der ursprünglichen Rechtsauffassung der Kammer haben sich die Anforderungen an die Begründung der Entscheidung über die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags grundlegend verändert. Zukünftig wird sich das Gericht in seiner Entscheidung über die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags mit den Belangen des Betroffenen einerseits und dem eigenen Interesse an der Aufrechterhaltung des Hauptverhandlungstermins andererseits beschäftigen und dies in seiner Entscheidung zum Ausdruck bringen müssen.
2. Die ablehnende Entscheidung gemäß § 73 Ordnungswidrigkeitengesetz ist selbständig nicht anfechtbar (Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 16. Aufl., § 73 Rn. 16). Die Ablehnung des Antrags des Betroffenen, ihn von der Verpflichtung zum Erscheinen zu entbinden, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren aufgrund der Verfahrensrüge überprüfbar, nicht aber im Rahmen eines der erstinstanzlichen Entscheidung vorausgehenden Beschwerdeverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 OWiG i.V.m. § 473 StPO.
Gegen diese Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel zulässig (§ 46 OWiG i.V.m. § 310 Abs. 2 StPO).
Fundstellen