Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung. Prozeßkostenhilfe. Eintritt des Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in das Mietverhältnis nach dem Tod des Mieters
Leitsatz (redaktionell)
Der Normzweck des § 569a BGB kann auch bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft den Anspruch auf Eintritt in das Mietverhältnis des Partners nach dessen Tod rechtfertigen, wenn die Wohnung zuvor für beide der Mittelpunkt einer auf Dauer angelegten gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsführung war, genauer gesagt: wenn eine enge persönliche Beziehung des überlebenden Partners zum verstorbenen Mieter bestand und eine von letzterem gewollte, auf Dauer angelegte Aufnahme in den gemeinsamen Hausstand als den gemeinsamen Mittelpunkt der Lebens- und Wirtschaftsführung vorliegt.
Normenkette
BGB § 569a
Verfahrensgang
Tenor
Den Beklagten wird die für das Berufungsverfahren gegen das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 24. Mai 1985 beantragte Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt.
Gründe
Dem beabsichtigten Rechtsmittel der Beklagten fehlt die hinreichende Aufsicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die Klägerin hat einen Anspruch auf Räumung der von den Beklagten genutzten Wohnung (§ 985 BGB), weil zwischen den Parteien ein Mietrechtsverhältnis nicht besteht.
Dabei kann die Streitfrage dahingestellt bleiben, wann die Beklagten durch das Sozialamt über den Tod der verstorbenen Frau Windhorn (Mieterin der Klägerin) hinaus Mietzins gezahlt haben und welche Bedeutung der Bescheinigung des Sozialamtes vom 18. Februar 1985 bezüglich der erfolgten Überweisung der Mietzinsbeträge für Oktober 1984 bis Januar 1985 zukommt. Ein wegen Zahlungsverzug auf die Regelung des § 554 BGB gestütztes Räumungsverlangen mit möglicher nachträglicher Unwirksamkeit der Kündigung wegen zwischenzeitlicher Befriedigung des Vermieters hätte zur Voraussetzung gehabt, daß ein der Kündigung zugängliches Mietverhältnis zwischen der Klägerin und den Beklagten besteht. Kraft Vereinbarung ist ein solches nicht zustande gekommen. Daß dies zu Lebzeiten der Mieterin Windhorn nicht der Fall war, hat der Beklagte zu 1) offenbar selbst so gesehen. Denn sonst hätte er nach dem Tod der Mieterin, deren Lebensgefährte er war – unter Mitaufnahme des Beklagten zu 2) als Sohn des Beklagten zu 1) in die gemeinsame Wohnung –, die Klägerin nicht um den Abschluß eines eigenen Mietvertrages gebeten. Auch ist durch die Weiternutzung der Wohnung durch die Beklagten nach dem Tod der Mieterin kein faktischer Vertragsabschluß zustande gekommen. Die vorgelegte Korrespondenz zeigt eindeutig, daß die Klägerin ihren entgegenstehenden Willen mehrfach zum Ausdruck gebracht hat. Entscheidend war deshalb, ob gem. § 569 a BGB kraft Gesetzes ein Mietvertragsverhältnis zwischen den Parteien besteht. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift treten Familienangehörige, die mit dem verstorbenen Mieter einen gemeinsamen Hausstand in der Wohnung geführt haben, nach dessen Tode in sein Mietverhältnis ein. Diese Voraussetzungen sind im Ergebnis hier aber nicht erfüllt.
Die Auslegung dieser Rechtsvorschrift im einzelnen wird unterschiedlich beurteilt, überwiegend wird darauf abgestellt, daß der Begriff „Familienangehöriger” zwar insofern weit auszulegen sei, als auch Verwandte entfernteren Grades und Verschwägerte umfaßt sein sollen, nicht Jedoch Verlobte und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (Staudinger/Sonnenschein, BGB, 12. Auflage, § 569 a Anm. 19; Soergel/Kummer, BGB, 7. Auflage., Anm. 8; BGB-RGRK-Gelhaar, 12. Auflage., Anmr. 4; Münchner Kommentar/Voelskow, Rdnr. 9; Alternativkommentar/Derleder, Anm. 2, Langohr in ZMR 1983, 222/226; aus der Rechtsprechung vgl. LG Karlsruhe MDR 1982, 147 = NJW 1982, 1884). Zur Begründung wird im wesentlichen darauf abgestellt, daß bei einer Ausweitung dieses Tatbestandsmerkmals die Möglichkeit der Abgrenzung des Kreises der Eintrittsberechtigten übermäßig erschwert würde und diese Voraussetzung ihre eigenständige Funktion bei der Gesetzesauslegung verlöre. Eine neuerdings häufiger vertretene Rechtsmeinung stellt hingegen – zum Teil unter Hinweis auf die Lösung der Auslegungsfragen bei vergleichbaren Vorschriften wie § 1969 BGB (OLG Düsseldorf NJW 1983, 1566), § 1093 Abs. 2 BGB (AG Ahrensburg MDR 1980, 936) und § 67 Abs. 2 VVG (BGH MDR 1980, 570/571) – darauf ab, daß das Tatbestandsmerkmal „Familienangehöriger” in einem weiteren Sinn zu verstehen sei, weil nur unter Berücksichtigung auch des Tatbestandsmerkmals „gemeinsamer Hausstand” dem sozialen Schutzzweck dieser Norm und dem darin garantierten Bestandsschutzinteresse genügt werde (Erman/Schopp, BGB, 7. Aufl. Anm. 4; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., I 77/78; FamRZ 1980, 434 ff./439; ausführlich Klas ZMR 1982, 289 ff.). Danach soll das durch den gemeinsamen Hausstand mit bestimmten Personen begründete enge Band bzw. das Führen eines gemeinschaftlichen Hausstandes mit dem Zusammenleben in einer dem hergebrachten Leitbild des Familienverbandes entsprechenden Weise ausreic...