Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 60.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.5.2019 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom … zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 25 % und der Beklagte zu 75 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

5. Der Streitwert wird festgesetzt auf 100.000 EUR.

 

Tatbestand

Die Klägerin verfolgt aus Anlass eines Verkehrsunfalls vom … die Zahlung von mindestens (weiteren) 85.000 EUR sowie die Feststellung einer Pflicht der Beklagten zur Zahlung von zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden, die Schadensentwicklung sei noch nicht abgeschlossen.

Der am 7.12.2006 geborene Sohn … der Klägerin ist als Führer eines Fahrrades durch eine abbiegende Sattelzugmaschine an diesem Tag so schwer verletzt worden, dass er noch an der Unfallstelle verstarb. Der Fahrzeugführer ist durch Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 14.8.2018 wegen fahrlässiger Tötung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Wegen der Einzelheiten wird das Anlagenkonvolut K1 Bezug genommen.

Die Klägerin war während des Unfallgeschehens zugegen. Sie verfolgte den Unfallhergang aus einer Entfernung von ca. 2 m, versuchte noch, den Sohn unter der Sattelzugmaschine herauszuziehen.

Die die Klägerin behandelnde Facharztin für Neurologie und Psychiatrie … hat in ihrem gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, Laatzen, abgegebenen Bericht vom 31.09.2018 posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere depressive Episode diagnostiziert, der Facharzt für Allgemeinmedizin … Springe, in seinem Bericht vom 14.9.2018 eine posttraumatische Belastungsstörung, eine schwere depressive Episode und eine erhöhte Infektanfälligkeit (Teile von Anlage K 2) … hat in ihrem Bericht vom 31.1.2019 ausgeführt, dass sich die Klägerin seit dem 19.4.2018 in ihrer psychiatrische Behandlung befinde, dass das traumatische Erlebnis bei ihr zunächst zu einer akuten Belastungsreaktion und im weiteren Verlauf zum Stimmungsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt habe, dabei u.a mit immer wieder aufflackernden Erinnerungen an das Trauma sowie immer wieder Auftreten von Bildern vom Trauma; der psychische Zustand habe sich noch nicht gebessert, eine langfristige psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung werde erforderlich sein, wobei zu dem damaligen Zeitpunkt die Durchführung einer Traumatherapie aufgrund des Zustands der Klägerin noch nicht möglich war und der weitere Verlauf noch offen blieb.

Die Klägerin befand sich in der Zeit vom 19.3.–13.4.2019 in der Klinik für Psychosomatik, …. In der Abschlussbefundung heißt es u.a., zum Abschluss der Rehabilitation sei eine gute Verbesserung des physischen Gesamtzustandes festzustellen, sie sei zur Entlassung in einem psychisch stabilen Zustand gewesen, allerdings sei aus psychotherapeutischer Sicht hinsichtlich der Einweisungsproblematik keine Veränderung zu bemerken gewesen, es habe den Anschein, es liege der Großteil der Trauerbewältigungsarbeit noch vor der Klägerin, sodass eine Fortführung der ambulanten Psychotherapie empfohlen wurde (Entlassungsbericht vom 16.5.2019, Bl 26–30 R d.A.).

Die zunächst mit der Regulierung beauftragte … hat einen Vorschuss von insgesamt 20.000 EUR gezahlt (Schriftsätze vom 28.5.2021, Bl. 17 d.A., 24.6.2019, Bl. 34 d.A.; Anlagen K 5 und B 2).

Die Klägerin behauptet, sie sei durch den Unfalltod ihres Sohnes in einen Zustand schwerer psychischer Erkrankung verfallen. Sie leide unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer schweren depressiven Episode; sie habe sich in soziale Isolation begeben, befinde sich in einem Zustand der Verzweiflung und Freudlosigkeit, verspüre innere Leere, grüble ohne Unterlass, sei unruhig und verfalle zeitweilig in Schreikrämpfe, sie leide unter erhöhter Infektanfälligkeit; das eheliche Verhältnis zu ihrem Ehemann sei unfallbedingt starken Belastungen ausgesetzt; des Weiteren sei es unabdingbar, den Wohnort zu wechseln.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag, mindestens aber weitere 85.000 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 18.4.2018 an der … zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Verlauf des Rechtsstreits hat der Beklagte zugestanden, dass von eine...

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