Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietzinsforderung und Räumung. Zuerkennung einer höheren als vom Mieter angesetzten Mietminderungsquote im Prozeß; Mängel einer Altbauwohnung; Zahlungsverzug infolge überhöhter Mietminderung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Leistet der Mieter wegen Mängeln der Wohnung nur einen geminderten Mietzins und zahlt er "unter Vorbehalt", so kann das Gericht auch eine höhere Mietminderungsquote zusprechen.
2. Der bei vorbehaltloser Anmietung zu eher günstigem Mietzins erkennbare optisch unschöne Zustand einer schlichten Altbauwohnung ist kein funktionaler Mangel. Unzureichender Trittschallschutz, der erst nach der Anmietung und nach Überlassung von Wohnraum im Altbau an Dritte offenbar wird, ist ein Mangel der Mietwohnung.
3. Mit einer Innenstadtlage der Wohnung verbundener Umweltlärm ist kein Mangel.
4. Überhöhte Mietminderung begründet keinen Zahlungsverzug, wenn der Mieter nicht böswillig oder leichtfertig die Mietminderungsquote fehlerhaft eingeschätzt hat.
Normenkette
BGB § 537 Abs. 1, § 554
Verfahrensgang
AG Hannover (Urteil vom 03.05.1993; Aktenzeichen 504 C 14111/91) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hannover – 504 C 14111/91 – vom 3. Mai 1993 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker über den Nachlaß des Herrn … 2.344,73 DM nebst 8 % Zinsen auf 26,58 DM seit dem 5.7.1990, auf jeweils 14,87 DM seit dem 4.8. und 5.9.1990, auf jeweils 64,42 DM seit dem 4.10., 6.11. und 5.12.1990 sowie 5.1.1991, auf jeweils 113,95 DM seit dem 5.2., 5.3., 5.4., 5.5., 5.6., 4.7., 4.8., 4.10. und 5.11.1991, auf 64,40 DM seit dem 5.12.1991, auf 182,83 DM seit dem 5.1.1992 und auf jeweils 64,40 DM seit dem 5.2., 5.3., 4.4., 6.5., 4.6.,4.7., 5.8., 4.9., 6.10. und 5.11.1992 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 3/14 und der Kläger zu 11/14.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 3/13 und der Kläger zu 10/13 zu tragen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat hinsichtlich des mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruchs teilweise und bezüglich des Räumungs- und Herausgabeanspruchs in vollem Umfang Erfolg.
Nach Auffassung der Kammer waren die Beklagten – weitergehend als nach der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung – wegen vorhandener Mängel der von ihnen gemäß dem schriftlichen Mietvertrag vom 1. Januar 1982 angemieteten Wohnung in der … in … zu einer Mietzinsminderung von 17 % befugt. Die Beklagten haben mit Schreiben vom 26. März und 23. April 1990 nicht nur die nachfolgend zu erörternden Mängel gerügt und deren Abhilfe begehrt, sondern darüberhinaus die Mietminderung im Falle der Nichtabhilfe angekündigt. Daß die Beklagten zunächst, entgegen dem schließlich im Verlaufe der nächsten Monate teilweise weitaus höheren Einbehalte, lediglich eine 10 %ige Mietzinsminderung angekündigt hatten, steht der Zuerkennung der 17 %igen Mietminderung durch die Kammer für die gesamte hier in Rede stehende Zeit von April 1990 bis November 1992, also auch für die Monate April bis Juni 1990, in der der einbehaltene Teil der Miete geringer war, nicht entgegen, da die Miete „ansonsten”, soweit sie gezahlt wurde, ausdrücklich „unter Vorbehalt” geleistet wurde (Schreiben der Beklagten vom 23.4.1990).
Hinsichtlich der Mängel, die für die Mietzinsminderung in Betracht kommen, gilt im einzelnen folgendes: Mit dem Amtsgericht ist davon auszugehen, daß zwar die Dachundichtigkeit behoben worden ist und nicht festgestellt werden kann, daß noch seit der geltend gemachten Mietzinsminderung Durchfeuchtungen aufgetreten sind, daß aber nach wie vor die Folgen infolge der verbliebenen Mängel entsprechend den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (dort auf Seite 5, 2. Absatz), auf die verwiesen wird, fortbestehen. Auch nach Auffassung der Kammer handelt es sich dabei zwar um eine recht geringfügige Beeinträchtigung, die aber andererseits für sich genommen schon zu einer nicht mehr nur unerheblichen Minderung der Tauglichkeit des Mietobjekts geführt hat, was eine Mietzinsminderung von 2 % rechtfertigen würde.
Im Falle des alten Doppelfensters, das Gegenstand der Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. … zu Ziffer 1 seines Gutachtens vom 20.12.1992 ist, vermag die Kammer dagegen das Vorliegen eines bereits berücksichtigungsfähigen Mangels im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB nicht zu erkennen. Wenn auch der äußere Fensterflügel einen sehr „desolaten Eindruck” machte, so erschien dem Sachverständigen immerhin der innere Fenster-Flügel in einem „einigermaßen ordnungsgemäßen Zustand” bei wohl auch „halbwegs dicht schließenden Flächen”. Daß hier ebenfalls wie bei dem vormals reparierten Fenster Feuchti...