Verfahrensgang
AG Niebüll (Beschluss vom 03.01.2023; Aktenzeichen 18 C 1/23) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Niebüll vom 03.01.2023, Az. 18 C 1/23, aufgehoben.
Der Streitwert wird auf 792,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerin hatte als hierzu nicht ermächtigte oder ansonsten befugte Wohnungseigentümerin eine Eigentümerversammlung einberufen, was ihr von dem Amtsgericht per einstweilige Verfügung auf Antrag der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft untersagt wurde. Die Tagesordnung der Eigentümerversammlung sah Beschlussfassungen zur Abberufung der Antragstellerin als aktuelle Verwalterin, die Kündigung des bestehenden Verwaltervertrags und die Bestellung einer neuen Verwaltung nebst Abschluss eines Verwaltervertrags vor. Das Amtsgericht hat auf die Streitwertbeschwerde der Antragsgegnerin den zunächst mit 5.000,00 EUR bezifferten Streitwert im Wege der Teilabhilfe auf 3.168,00 EUR festgesetzt, was der Vergütung der Antragstellerin bezogen auf die restliche Laufzeit ihres Vertrags von zwei Jahren entspricht. Ein Abschlag aufgrund des Umstandes, dass es sich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handele, sei nicht vorzunehmen, da mit der Entscheidung die Hauptsache vorweggenommen werde.
Entscheidungsgründe
II.
Die Streitwertbeschwerde ist zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR (§ 68 Abs. 1 GKG).
Sie ist auch begründet.
Da der Streitgegenstand der Unterlassung der Einberufung der Eigentümerversammlung nicht die letztlich begehrten Beschlussfassungen selbst, sondern lediglich die Frage betrifft, ob die Einberufung der Eigentümerversammlung mit den begehrten Tagesordnungspunkten überhaupt rechtmäßig ist, ist der Streitwert eines Verfahrens zur Unterlassung der Einberufung nicht mit dem vollen Interesse an den begehrten Beschlussfassungen gleich zu setzen. Selbst wenn die Antragstellerin unterlägen hätte und es bei der von der Antragsgegnerin als nicht befugte Person einberufenen Eigentümerversammlung geblieben wäre, wäre damit lediglich die Möglichkeit entstanden, die Wohnungseigentümer von einer Mehrheitsentscheidung zu den begehrten Beschlüssen zu überzeugen. Diese wären ohne Weiteres aufgrund der fehlenden Berechtigung zur Einberufung anfechtbar gewesen wären, allerdings ist ein eigenes Anfechtungsrecht des Verwalters, das noch in § 46 Abs. 1 S. 1 WEG a.F. vorausgesetzt wurde, nach der WEG-Reform nicht mehr vorgesehen.
Zwar kann das Interesse am Unterbleiben der Eigentümerversammlung nicht völlig losgelöst von den nach Auffassung der Antragsgegnerin zu behandelnden Themen bemessen werden, das Interesse der bezweckten Beschlüsse ist bei der Streitwertfestsetzung durchaus zu berücksichtigen.
Zur Rechtslage vor der WEG-Reform war in der Rechtsprechung und Literatur war bezogen auf eine Klage auf Verpflichtung des Verwalters zur Einberufung einer Eigentümerversammlung vertreten worden, dass der Streitwert für ein Einberufungsverlangen mit 25 % des Interesses an den gefassten Beschlüssen, also dem hälftigen Wert einer späteren Beschlussklage, zu bemessen ist (LG Frankfurt, Beschluss vom 06.01.2016, 2-13 T 152/15, WuM 2023, 166, 167).
Hieran ist mit dem Landgericht Frankfurt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass inzwischen eine Erhöhung des Streitwertes für Beschlussklagen auf das Gesamtinteresse stattgefunden hat (§ 49 GKG), festzuhalten.
Die Festsetzung eines Viertels des Streitwertes für eine Beschlussklage berücksichtigt einerseits das Interesse der Antragstellerin an einem Unterbleiben der jedenfalls von der Antragsgegnerin begehrten Beschlussfassung, nimmt andererseits aber auch in den Blick, dass Streitgegenstand des Verfahrens nicht die Beschlüsse selbst sind, sondern lediglich die Untersagung einer Eigentümerversammlung, die entsprechende Beschlussfassungen ermöglicht hätte.
Die Streitwertfestsetzung des Amtsgerichts war daher abzuändern und der Streitwert auf 792,00 EUR (25 % von 3.168,00 EUR) festzusetzen.
Da die Untersagung der Einberufung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes faktisch zur Erfüllung des Unterlassungsanspruchs der Antragstellerin geführt hat, war ein weiterer Abschlag nicht vorzunehmen.
Schließlich ist – ohne dass es für die Festsetzung des Streitwerts hierauf ankäme – anzumerken, dass nach der Neuordnung der Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die WEG-Reform 2020 nicht dem Verwalter, sondern nur noch der Gemeinschaft ein Unterlassungsanspruch gegen die einberufende Person zusteht (vgl. Schultzky in: Jennißen, WEG § 24 Rn. 33b).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG). Kosten der Parteien werden gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattet.
Fundstellen
Haufe-Index 16453780 |
ZMR 2023, 663 |