Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromlieferungsvertrag: Vertragspartner bei einem konkludenten Vertragsabschluss durch tatsächlichen Bezug nach Leerstand einer Mietwohnung
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Mietwohnung, für deren Energiebezug der Mieter aufgrund der mietvertraglichen Regelungen eigenverantwortlich zu sorgen hat, kommt ein Vertrag durch tatsächliche Inanspruchnahme der mittels Realofferte angebotenen Leistung jedenfalls dann mit dem Mieter zustande, wenn dem Versorgungsunternehmen diese mietvertragliche Regelung aufgrund der bisherigen Handhabung bekannt ist. Der Vermieter tritt auch dann nicht als Vertragspartner ein, wenn der Mieter entgegen seiner Verpflichtung aus § 2 Abs. 2 StromGVV den Strombezug gegenüber dem Versorgungsunternehmer nicht mitteilt.
Verfahrensgang
AG Meldorf (Urteil vom 08.10.2008; Aktenzeichen 84 C 848/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Meldorf vom 08. Oktober 2008 – Az.: 84 C 848/08 – wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird festgesetzt auf 1.109,85 EUR.
Tatbestand
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Ergänzend hat der Beklagte zu 1. in der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2009 ausgeführt, dass in dem Mietvertrag, welchen er mit den eigentlich vorgesehenen Mietern … und … geschlossen habe, wie bei den übrigen und vorhergehenden Mietverträgen auch, keine Umlage der Stromkosten sondern eine eigenständige Anmeldung der Mieter bei einem Stromversorgungsunternehmen vorgesehen war. In diesen Vertrag sei …, die zum 01.07.2006 in die hier fragliche Wohnung eingezogen ist, eingetreten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts sind die Beklagten als Vermieter / Eigentümer nicht Vertragspartner der Klägerin hinsichtlich des in der Wohnung … in … bezogenen Stroms geworden, so dass ein Zahlungsanspruch für den Verbrauch gem. § 433 Abs. 2 BGB, welchen die Kläger unter dem 31.12.2007 mit einem Gesamtbetrag von 1.109,85 EUR in Rechnung gestellt hat, nicht besteht.
Da entgegen § 2 Abs. 1 StromGVV, nach dem Grundversorgungsverträge über die Lieferung von Elektrizität grundsätzlich in Textform geschlossen werden sollen, ein Vertrag in der dort vorgeschriebenen Form weder mit den Beklagten als Vermietern, noch der in dem Zeitraum die Wohnung bewohnenden Mieterin … geschlossen wurde, kommt ein Vertragsschluss nur in der Form des § 2 Abs. 2 StromGVV in Betracht. Dort ist der allgemein anerkannte Rechtsgrundsatz normiert, wonach in dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens ein Vertragsangebot in Form einer sogenannten Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages zu sehen ist, das von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität entnimmt (vgl. u.a. BGH NJW 2003, 3131). Dadurch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass in der öffentlichen leitungsgebundenen Versorgung die angebotenen Leistungen vielfach ohne ausdrücklich schriftlichen oder mündlichen Vertragsschluss in Anspruch genommen werden; dabei soll ein vertragsloser Zustand bei Energielieferungen vermieden werden.
Unstreitig hat die Klägerin auch nach Auszug der … und … Ende Februar 2006 ihre Leistung angeboten. Die Stromversorgung wurde nicht gekappt oder ähnliches, auch während des Leerstandes der Wohnung zwischen März und Juni 2006 konnte Strom entnommen werden. Ob oder in welchem Umfang auch während des Leerstandes Strom bezogen wurde, ist weder vorgetragen noch im vorliegenden Fall erheblich, da es allein um den im Zeitraum 01.01.-31.12.2007 abgerechneten Verbrauch geht.
Für die Frage, wem die tatsächliche Entnahme als eine auf den Abschluss eines Versorgungsvertrags gerichtete Willenserklärung zuzurechnen ist, kommt es darauf an, an wen aus der Sicht des Entnehmenden das Versorgungsunternehmen die Realofferte in Form der Bereitstellung von Energie richtet und wer aus Sicht des Versorgungsunternehmens unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte dieses Angebot durch die Entnahme von Energie angenommen hat und dadurch erklärt hat, Vertragspartner werden zu wollen. Die Orientierung nach Treu und Glauben bedeutet, dass im Zweifel ein Auslegungsergebnis anzustreben ist, das die berechtigten Belange beider Parteien angemessen berücksichtigt und mit den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs im Einklang steht (OLG Sachsen-Anhalt, RdE 2006, 319 f.;OLG Koblenz, NJW-RR 2006, 1065 f.).
Bei der Auslegung ist zu berücksichtigen, wer die nach außen sichtbare tatsächliche und rechtliche Verfügungsgewalt über den Anschluss hat, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser die Energie persönlich entnimmt. Es genügt vielmehr, wenn er die Entnahme durch Dritte gestattet, was im Verhältnis des Vermieters zum Mieter grundsätzli...