Verfahrensgang

AG Pinneberg (Urteil vom 29.10.2004; Aktenzeichen 63 C 176/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.03.2006; Aktenzeichen III ZR 217/05)

 

Tenor

1) Das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 29.10.2004 wird geändert.

2) Die Klage wird abgewiesen.

3) Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt der Kläger.

4) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, es sei denn die Beklagte zuvor leistet Sicherheit in gleicher Höhe.

5) Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Beklagte wendet sich gegen das Urteil mit der Auffassung, das Amtsgericht habe das Zielleistungsprinzip der GOÄ verkannt. Es komme nicht darauf an, wie das Amtsgericht meint, ob eine ärztliche Leistung im Rahmen der Operation immer erbracht werde, sondern darauf ob eine ärztliche Maßnahme zur Erreichung des Operationsziels erbracht werde oder selbständig und unabhängig davon.

Die vom Amtsgericht zugesprochenen Gebühren nach den Nummern 2060, 2064, 2134, und 2029 seien Teilschritte zur Erreichung des Operationsziel gewesen, die unter der Nummer 2297 GOÄ von der Krankenkasse der Beklagten zutreffend abgerechnet worden seien.

Die Klage hätte daher mit weiteren 704,84 EUR abgewiesen werden müssen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Das Zielleistungsprinzip der GOÄ diene nicht dazu, Gebühren für Leistungen abzusprechen, die nicht zwangsläufig im Sinne einer sine qua non Formel zur Erreichung des Operationsziels zu erbringen seien. Die GOÄ Nummer 2297, unter der die Beklagte abgerechnet habe, bilde eine Gelenk opfernde Methode ab. Hier sei eine Gelenk erhaltende Operation ausgeführt worden, die von der Leistungsnummer 2297 nicht beschrieben werde.

Vorsorglich beantragt der Kläger die Zulassung der Revision.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie schuldet dem Kläger nicht Gebühren nach den Nummern 2260, 2064, 2134 und 2029, denn die Leistungen des Klägers sind keine selbständigen Leistungen nach § 4 Abs. 2 GOÄ.

In negativer Abgrenzung sind selbständige Leistungen solche, die nicht unter § 4 Abs. 2 a fallen. Nach dieser Vorschrift kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte.

Die Leistungen nach den Nummern 2260, 2064, 2134 und 2029 waren methodisch notwendige Einzelschritte zur Erreichung des Operatiorisziels, nachdem der Kläger sich entschieden hatte, die medizinisch indiziert Hallux valgus Operation Gelenk erhaltend auszuführen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen in Ergänzung seines Gutachtens in der mündlichen Verhandlung vom 30.08.2004 (Bl 137 d.A.) gibt es ca. 50 verschiedene Operationsmöglichkeiten, deren Auswahl durch den Arzt von verschiedenen Faktoren abhängt, darunter auch Gelenk erhaltende Operationen. Immer, so der Sachverständige, stelle sich das Problem, dass das Fußgewölbe wieder aufgerichtet werden muss, wie auch im vorliegenden Fall. Wenn die Fehlstellung komplexer ist und man das Gelenk erhalten will, wird die Operation komplizierter und erfordert u.a. auch die Stabilisierung der bei der Operation durchtrennten Knochenteile.

Nach diesen Ausführungen des Sachverständigen fallen unter die Leistungsbeschreibung der Nr. 2297 die Operation des Halux valgus mit Gelenkkopfresektion und anschließender Gelenkplastik und/oder Mittelfußosteotomie einschließlich der Leistungen nach den Nummern 2296 und 2295, wobei die letztere nur die Extosenabmeißelung bei Hallux valgus beschreibt, die Nummer 2296 jedoch auch die Abmeißelung einschließlich Sehnenverpflanzung. Aus der Abstufung der Nummern ist ersichtlich, dass die GOÄ von einem chirurgisch einfachen zu der chirurgisch komplexen Methode fortschreitet und unter die Nummer 2297 die umfassende Operation mit all ihren Durchführungsmöglichkeiten enthält. Diese komplizierten Methoden sind nach Ausführung des Sachverständigen in den letzten Jahren gängig geworden und werden bei der Diagnose Hallux valgus ausgeführt. Soweit der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten die Rechtsauffassung vertritt, die Zielleistungsbeschreibung der Nr. 2297 bilde eine Gelenk opfernde Methode ab, die sich nicht mit der Gelenk erhaltenden Operationsmethode, die durchgeführt wurde, nicht vereinbaren lasse, folgt die Kammer der Ansicht des Sachverständigen nicht, der zur Äußerung von Rechtsmeinungen nicht berufen war. Seine Ausführungen widersprechen der Gebührenordnung, weil in ihr nur selbständige Leistungen selbständig abgerechnet werden können.

Darum handelt es sich bei den noch im Streit befindlichen Nummern der Gebührenordnung jedoch nicht. Die dort abgerechneten Leistungen dienen sämtlich dem Operat...

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