Leitsatz (amtlich)
1. Die Grundsätze der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht von Kreditinstituten im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages gelten in gleicher Form für alle Wertpapierdiensleistungsunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 4 WpHG.
2. Neben dem Anspruch auf Rückabwicklung einer Anlage wegen Pflichtverletzung des Anlageberatungsvertrages besteht ein gleichzeitig gemachter Anspruch auf Herausgabe der Provisionen nicht. Der Herausgabeanspruch ist ein anrechenbarer Vorteil des Anlegers. Auch bei unterlassender Aufklärung über Rückvergütungen/Innenprovisionen liegt keine unbillige Entlastung des Beraters vor, wenn diesem die Provisionen erhalten bleiben.
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR 44 631,10 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank aus EUR 44 631,10 seit dem 13.9.2009 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus nominal EUR 50 000,00 Genussscheinen der ... mit der amtlichen ....
2.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Höhe der angenommenen Zuwendungen Dritter im Zusammenhang mit der Vermittlung nominal EUR 50 000,00 der Genussscheine der ... mit der amtlichen WKN A0F52H zu geben.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR 6 435,74 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank auf den Betrag in Höhe von EUR 6 435,74 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR 3 498,36 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
5.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Gegenleistung zu Ziffer 1 im Annahmeverzug befindet.
6.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen
7.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
8.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Wertpapierhandelshaus aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Anlageberatung. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Wertpapierhandelshaus, welches in Zusammenarbeit mit einem Kreditinstitut, der ..., hochverzinsliche Tagesgeldkonten anbot sowie gewerbsmäßig insbesondere Anlageberatung und Vermögensverwaltung in börsengehandelten Wertpapieren anbot. Sie war im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis nach dem WpHG.
Im Sommer 2006 nahm der Ehemann der Klägerin, der Zeuge ..., Kontakt zur Beklagten auf und beantragte die Eröffnung eines Tagesgeldkontos, sogenanntes Zins-Plus-Konto. Mit Schreiben vom 4.7.2006 (Anlage K 3, Bl. 19 d. A.) bot die Beklagte dem Zeugen ein entsprechendes Tagesgeldkonto an, woraufhin die Klägerin und der Zeuge ... die Eröffnung eines gemeinsamen Kontos beantragten. Der Eingang der Kontoeröffnungsunterlagen wurde der Beklagten mit Schreiben vom 10.07.2006 (Anlage K 3, Bl. 20 d. A.) bestätigt. In der Folge wurde das Konto eröffnet.
Am 10.8.2006 rief ein Wertpapierberater der Beklagten, der Zeuge ..., beim Zeugen ... an und bot diesem an, einen Genussschein der Emittentin ... mit einem Zinssatz von 8,5 % zu erwerben. Er fragte diesen, ob der Zeuge ... sich mit "rentenähnlichen Genussscheinen" auskenne, was der Zeuge ... verneinte. Der Zeuge ... schilderte dann, es handele sich um Wertpapiere, die einen festen Zinstermin hätten. Zu diesem würden 8,5 % an Zinsen ausgezahlt. Zum Zeitpunkt der Ausschüttung hätten die Wertpapiere einen Kurs von 100. Dieser steige über das Jahr auf 108,5. Mit der Ausschüttung von 8,5 % falle der Kurs dann wieder auf ca. 100. Derzeit sei der vorgenannte Genussschein etwas günstiger zu erwerben, als es dem rechnerischen Kurs entspreche. Erfahrungsgemäß falle der Kurs nach der Ausschüttung auch nicht bis auf 100, sondern lediglich auf Kurse von 101 oder 101,5. Er empfehle, dass man den Genussschein jetzt kaufe, die Ausschüttung 8,5 % mitnehme und den Genussschein danach zu einem geringeren Kurs, der aber nur etwa 5 %-Punkte unter dem Einstandskurs liegen werde, wieder veräußere. Er bezeichnete diese Anlagestrategie als "runde Sache", die "risikolos" sei.
Er schilderte weiter, dass der Anleger nicht gezwungen sei, die Wertpapiere nach der Ausschüttung, die in einem Monat stattfinden werde, zu verkaufen. Er könne die Genussscheine auch längerfristig halten.
Auf Frage des Zeugen ... nach den Risiken der Anlagestrategie erklärte der Zeuge ..., es bestehe Kursrisiko, das Ertragsrisiko und das Insolvenzrisiko. Das Kursrisiko, d. h., bei welchem Kurs das Papier zu einem bestimmten Zeitpunkt stehe, sei gering. Anhand des Rückzahlungskurses und der zwischenzeitlich auflaufenden anteiligen Zinsen könne der Berater auf plus/minus ein Viertel Prozent genau ausrechnen, wo der Kurs an einem bestimmten Tag im Jahr stehen müsse.
Was das Ertrags...