Verfahrensgang
AG Konstanz (Beschluss vom 18.07.2022; Aktenzeichen 4 C 165/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beklagtenvertreters Rechtsanwalt Dietrich wird der Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 18.07.2022, Az. 4 C 165/21, wie folgt abgeändert:
2. Der Streitwert wird auf 84.000 Euro festgesetzt.
3. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Streitwertbeschwerde des Beklagtenvertreters Rechtsanwalt … ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
1.
Der Rechtsbehelf ist gemäß § 68 Abs. 1 GKG zulässig, insbesondere wurde er innerhalb der Sechsmonatsfrist aus § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt.
Die vorliegende Streitwertbeschwerde ist so zu deuten, dass der Beklagtenvertreter den Rechtsbehelf im eigenen Namen eingelegt hat. Zwar hat er sich in keiner Form dazu erklärt, ob die Beschwerde für die von ihm vertretenen Beklagten oder aus eigenem Recht erhoben werde. Ziel des Rechtsbehelfs ist jedoch eine Erhöhung des Streitwerts, so dass eine Beschwerde der vertretenen Parteien, schon mangels Beschwer im Sinn von § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG ausscheidet (vgl. Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 25. Auflage 2021, § 32 Rn. 92).
2.
Die Beschwerde ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Streitwert der vorliegenden Klage auf Zustimmung der Änderung der Teilungserklärung dahingehend, dass die Teileigentumseinheit des Klägers auch zu Wohnzwecken genutzt werden darf, bestimmt sich gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO nach dem Angreiferinteresse (vgl. Herget in: Zöller, ZPO, 34. Auflage 2022, § 3 Rn. 16.216). Dieses beträgt nach § 9 Satz 1 ZPO den dreieinhalbfachen Wert der jährlichen Mieteinnahmen bei einer Nutzung als Wohnung (vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 22.11.2016 – 6 S 11/16 – BeckRS 2016, 135790 Rn. 20).
a.
Zu Recht hat das Amtsgericht die monatlichen Netto-Mieteinnahmen für die nach dem Klägervortrag etwa 200 qm große Teileigentumseinheit in dem Anwesen aus dem Jahr 1992 bei einer Wohnnutzung anhand des Mietspiegels der Stadt Konstanz (gemeinsamer Mietspiegel 2022 Konstanz, Allensbach, Reichenau, dort Seite 11) gemäß § 3 ZPO auf 2.000 Euro geschätzt. Allerdings war bei der Bestimmung des Streitwerts nicht nur von der Differenz der aktuellen zu den bei einer Wohnnutzung erzielbaren Mieteinnahmen auszugehen, sondern vielmehr die volle Netto-Wohnmiete zugrundezulegen. Denn der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2022 ausdrücklich erklärt: „Mir geht es nicht direkt um die Mehreinnahmen, sondern um die Verwertbarkeit [als Wohnung].” (Sitzungsprotokoll Seite 2). Zudem droht dem Kläger nach seinem eigenen Vortrag – dies war der Anlass für seine Klage – der dauerhafte Wegfall der Einnahmen aus der gewerblichen Vermietung.
Der Streitwert beträgt demnach 12 × 2.000 Euro × 3,5 = 84.000 Euro.
b.
Zum weiteren Beschwerdevorbringen:
aa.
Anders als bei einer Zahlungsklage, bei der es für die Bestimmung des Streitwerts maßgeblich auf die Vorstellungen des Klägers von dem geschuldeten Betrag ankommt, durfte das Amtsgericht hier – bei einer Klage auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung, mit der der Kläger die Verwertbarkeit der Teileigentumseinheit als Wohnung erreichen wollte – die zur Streitwertbestimmung erforderliche Höhe der erzielbaren Mieteinnahmen bei einer Wohnnutzung nach § 3 ZPO schätzen. Hinzu kommt, dass der Kläger jedenfalls keine ausdrücklichen Angaben zur Höhe des seiner Auffassung nach erzielbaren Mietzinses bei einer Wohnnutzung tätigte. Zwar gab er an, dass seine monatlichen Verbindlichkeiten für die Immobilie 4.000 Euro betrügen (Sitzungsprotokoll Seite 5). Der Finanzierungsaufwand des Klägers ist für die Streitwertbestimmung nach dem oben dargelegten rechtlichen Maßstab jedoch unbeachtlich. Zudem hat der Kläger erklärt, er wolle gegebenenfalls seine Familie in der Teileigentumseinheit wohnen lassen. In der Klage wurde der Streitwert und damit das klägerische Interesse mit 20.000 Euro beziffert.
bb.
Ohne Erfolg macht der Beschwerdeführer geltend, dass man den dreieinhalbfachen Jahresmietzins zur Streitwertbestimmung gemäß § 5 ZPO noch mit dem Faktor 65 multiplizieren müsse, da es 65 Beklagte gebe. Wenn trotz prozessualer Anspruchsmehrheiten keine wirtschaftliche Werthäufung entsteht, greift das sogenannte Additionsverbot ein (Herget in: Zöller, ZPO, 34. Auflage 2022, § 5 Rn. 5 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25.11.2003 – VI ZR 418/02). So liegt der Fall auch hier. Durch die subjektive Klagehäufung entsteht vorliegend keine wirtschaftliche Werthäufung. Vielmehr war der Kläger gezwungen alle 65 Miteigentümer gerichtlich in Anspruch zu nehmen, weil er sein – einheitliches – Rechtsschutzziel nur bei der Verurteilung aller Beklagten hätte erreichen können. Die Verurteilung bzw. Zustimmung nur eines Teils der Miteigentümer wäre für ihn kein (Teil-)Mehrwert, sondern im Ergebnis wertlos, weil zur Änderung der Teilungserklärung die M...