Verfahrensgang
AG Lörrach (Urteil vom 02.07.2019; Aktenzeichen 5 C 1385/18 WEG) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Lörrach vom 02.07.2019, Az. 5 C 1385/18 WEG, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 13.206,86 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Für Beschlussanfechtungsklagen betreffend sog. „Altbeschlüsse”, zu denen auch die hier zu prüfenden Beschlüsse gehören, ist verfahrensrechtlich weiterhin das WEG in der vor dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung anwendbar (vgl. § 48 Abs. 5 WEG n.F.). Es ist daher konsequent, dass die vorliegende Beschlussanfechtungsklage (weiterhin) gegen die übrigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet ist (§ 46 Abs. 1 WEG a.F.).
Zu Recht und mit zutreffenden Gründen, auf die das Berufungsgericht ausdrücklich Bezug nimmt und denen es sich nach eigener Prüfung anschließt, hat das Amtsgericht die Anfechtungsklage als unzulässig abgewiesen.
Ein Beschluss kann nur dann, wenn er teilbar ist, von einem Wohnungseigentümer auch nur teilweise angefochten werden (BGH ZWE 2013, 47 Rn. 9; NJW 2010, 2127 Rn. 6).
Richtig ist zwar, dass bei Unklarheit darüber, ob ein Beschluss nur teilweise angegriffen wird, im Zweifel der gesamte Beschluss Streitgegenstand ist (OLG München ZMR 2006, 949; LG Frankfurt a. M. BeckRS 2020, 6046 Rn. 4). Auch richtig ist, dass eine in unzulässiger Weise beschränkte Anfechtungsklage im Zweifel als Anfechtung des ganzen Beschlusses auszulegen ist. Vorrangig ist dabei ein Hinweis des Gerichts (§ 139 Abs. 1 ZPO) und eine Umstellung des Klageantrags (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021 WEG § 44 Rn. 158).
Im konkreten Fall ist jedoch, obwohl sich die Berufungsbegründung eingangs auf die referierte Rechtsprechung beruft, von einer Teilanfechtung der Beschlüsse, soweit sie die Kosten der neuen Wohnflächenberechnung betrifft, weiterhin auszugehen. Denn auch die Berufungsanträge beschränken sich auf den „Vorbehalt der Kostentragung” und beantragen die Ungültigerklärung der angefochtenen Beschlüssen ausdrücklich nur insoweit. Noch nicht einmal hilfsweise wird die Gesamtanfechtung begehrt. Vielmehr geht es der Klägerin gerade um die Beseitigung des „Vorbehalts der Kostentragung”.
Wenn die Berufungsbegründung dann allerdings so tut, als ob die Wohnungseigentümerversammlung isoliert die Wohnflächenneuberechnung und die künftige Orientierung des Umlageschlüssels an diese Neuberechnung beschlossen habe, und im Weiteren die Nicht-Anwendung des üblichen Kostenverteilungsschlüssels auf diese Kosten der Wohnflächenneuberechnung beanstandet, hat dies mit der Beschlusslage nichts zu tun.
Vielmehr besteht eine Interdependenz zwischen dem jeweils ersten Teil der Beschlussfassung und der im jeweils zweiten Teil abgehandelten Frage, wer die Kosten der Neuberechnung trägt. Die Klägerin selbst spricht insoweit von einem „Vorbehalt”, das Amtsgericht geht von einer „Bedingung” aus (die grundsätzlich möglich wäre, vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021,WEG vor § 23 Rn. 49), naheliegend könnte auch die Einordnung als „Auflage” sein (vgl. zu letzterem: Zschieschack,ZWE 2021, 68, 71).
Von der Teilbarkeit der angegriffenen Beschlüssen ist gerade nicht auszugehen. Ein Beschluss ist teilbar und kann dann auch nur teilweise im Wege der Anfechtungsklage angegriffen oder nur teilweise für ungültig oder nichtig erklärt werden, wenn die Wohnungseigentümer mit einem Beschluss mehrere Willenserklärungen getroffen und damit mehrere Gegenstände geregelt haben. In diesen Fällen „verstecken” sich in einem „Beschlusskleid” letztlich zwei oder auch mehrere Beschlüsse. Dies erkennt man u.a. daran, dass die Wohnungseigentümer die Willenserklärungen jeweils in gesonderten Beschlüssen hätten treffen können (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG vor § 23 Rn. 50). Außerhalb des Bereichs Jahresabrechnung/ Wirtschaftsplan ist die Rechtsprechung mit einer Teilbarkeit des Beschlussgegenstandes sehr zurückhaltend (vgl. BGH NZM 2015, 218). Dies liegt darin begründet, dass die Wohnungseigentümer bei nahezu allen Beschlüssen einen erheblichen Ermessensspielraum haben. Hält man einen Beschluss nun teilweise aufrecht, hat der Beschluss einen anderen Inhalt, als ihn die Wohnungseigentümer beschlossen haben, dass sie dies auch so getan hätten – und damit ihr Ermessen in eine entsprechende Beschlussfassung ausgeübt hätten, wird häufig nicht feststellbar sein.
Weder der Wortlaut der Beschlüsse noch die Entstehungsgeschichte erlauben es, von der Teilbarkeit der Beschlüsse auszugehen. Angesichts des Erfolgs der Beklagten im Verfahren des AG Lörrach, Az.: 3 C 809/17, bzw. des LG Karlsruhe, Az.: 7 S 8/18 leuchtet ein, dass die Gemeinschaft keine Notwendigkeit sah, ein neues Aufmaß der Wohnfläche zu nehmen. Nach Wortlaut und Sinn wurde beschlossen, dass die Beauftragung des Sachverständigen zur Wohnflächenneubere...