Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Pflicht des Vermieters, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs hinreichend zu begründen
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Das Kündigungsschreiben muß für den Mieter erkennbar vernünftige und nachvollziehbare Gründe des Eigenbedarfs offenlegen.
2. Vergleiche LG Berlin, 1988-09-08, 61 S 195/88, MDR 1989, 67; BayObLG München, 1984-12-17, RE-Miet 6/84, WuM 1985, 50.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Mit Schreiben v. 30.5.1988 wurde von den Klägern die Kündigung erklärt und wie folgt begründet: "In meiner Familie steht ein dringender Eigenbedarf für unseren Enkel E. Er benötigt das von ihnen gemietete Hausgrundstück."
Die Beklagten behaupten, die Kündigung sei unwirksam und bestreiten das tatsächliche Vorliegen eines Eigenbedarfs.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet; denn das AG hat richtig entschieden und ausgeführt, daß das mit den Parteien bestehende Mietverhältnis durch die Kündigung v. 30.5.1988 nicht beendet wurde. Denn das Kündigungsschreiben erfüllt nicht die Anforderungen, die an eine wirksame Kündigung wegen Eigenbedarfs zu stellen sind. Eine ausreichende Begründung ist nicht gegeben, wenn der Vermieter im Kündigungsschreiben als Kündigungsgrund lediglich angegeben hat, daß er die Wohnung dringend für die eigene oder die Nutzung durch Familienangehörige benötige (vgl. LG Berlin MDR 1989, 67; BayObLG NJW 1961, 2197 und WM 1985, 50). An den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgezeigten Erfordernissen einer ausreichenden Begründung des geltendgemachten Eigenbedarfs ist ungeachtet des Urteils des BVerfG v. 14.2.1989 (WM 1989, 114ff.) festzuhalten (vgl. OLG Karlsruhe WM 1989, 124f.). Denn der Entscheidung des BVerfG ist nicht zu entnehmen, daß an die Voraussetzungen einer nach § 564b Abs. 3 BGB wirksamen Begründung geringere Anforderungen zu stellen sind (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des BVerfG entzieht sich zwar die Entscheidung des Eigentümers, eine vermietete Wohnung nunmehr selbst zu nutzen oder durch privilegierte Dritte nutzen zu lassen, grundsätzlich der Beurteilung durch die Gerichte; eine solche Entscheidung ist im Lichte der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG grundsätzlich zu akzeptieren. Jedoch verdienen vorgeschobene oder mißbräuchliche Kündigungen keinen Schutz. Deshalb muß auch für den Mieter erkennbar sein, ob vernünftige und nachvollziehbare Gründe für den Eigennutzungsanspruch des Vermieters vorliegen. Hierzu bedarf es einer entsprechenden Begründung. Eine solche fehlt dem Kündigungsschreiben der Kläger. Gerade wenn nicht eigener Bedarf, sondern solcher für eine dritte Person geltend gemacht wird, müssen die Gründe für diesen entstandenen Wohnbedarf hinreichend benannt werden. Die bloße Angabe, daß dringender Eigenbedarf für den Enkel bestehe, ist keine ausreichende Begründung i.S.d. § 564b BGB, da damit im wesentlichen nur der Gesetzeswortlaut wiederholt wird. Zu Recht hat deshalb das AG dem Schreiben der Kläger v. 30.5.1988 die gewünschte Wirksamkeit versagt.
Fundstellen