Entscheidungsstichwort (Thema)
Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten für eine Klage auf Feststellung der Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Beitragsschuld aufgrund einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung
Leitsatz (amtlich)
Für die Klage auf Feststellung, dass eine öffentlich-rechtliche Beitragsschuld aufgrund einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung nicht erfüllt worden ist, ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten auch dann eröffnet, wenn klageweise nur die gen. Feststellung und nicht zugleich auch die öffentlich-rechtliche Beitragsschuld geltend gemacht wird Verfahrensgang vorgehend AG Korbach, 24. August 2010, Az: 3 C 243/10 (70), Beschluss
Normenkette
GVG §§ 13, 17a Abs. 2; BGB § 823 Abs. 2; StGB § 266a; InsO § 185
Verfahrensgang
AG Korbach (Entscheidung vom 24.08.2010; Aktenzeichen 3 C 243/10 (70)) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Korbach vom 24. August 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 3.000,00 EUR.
Tatbestand
I.
In dem vom Beschwerdegegner geführten Betrieb war eine bei der Beschwerdeführerin, einer Betriebskrankenkasse in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, krankenversicherte Arbeitnehmerin beschäftigt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Korbach vom 2. Februar 2009 (Bl. 11 f. d.A.) wurde über das Vermögen des Beschwerdegegners das Insolvenzverfahren eröffnet und Frau Rechtsanwältin „…” zur Insolvenzverwalterin bestellt. Die Beschwerdeführerin meldete rückständige Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 7.274,86 EUR zur Insolvenztabelle an. Ferner gab sie an, dass ein Teilbetrag der Forderung in Höhe von 1.870,89 EUR auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Beschwerdegegners beruhe. Letzterem widersprach der Beschwerdegegner, weswegen die Beschwerdeführerin daraufhin bei dem Amtsgericht Korbach Klage erhob mit dem Antrag festzustellen, dass die angemeldete Forderung in Höhe von 1.870,89 EUR aus dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a StGB herrühre.
Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Parteien durch Beschluss vom 24. August 2010 (Bl. 67 ff. d.A.) gemäß § 17a Abs. 2 GVG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Kassel verwiesen. Das Amtsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dem Rechtsstreit liege eine öffentlichrechtliche Forderung der Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner zugrunde. Der Umstand, dass die Forderung zugleich auf den Rechtsgrund der unerlaubten Handlung gestützt werde, ändere an der Einordnung der Streitigkeit als solche des öffentlichen Rechts und damit an der Zuständigkeit der Sozialgerichte nichts. Dies müsse auch dann gelten, wenn in einem Rechtsstreit ausschließlich über die Frage des Vorliegens einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gestritten werde, die zugrunde liegende Forderung auf Zahlung der Beiträge an sich aber unstreitig sei. Maßgeblich – so dass Amtsgericht weiter – sei allein, ob der Anspruch seine Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis habe. Nicht entscheidend sei indes, wo der Schwerpunkt des jeweiligen Rechtsstreits liege.
Das Amtsgericht hat weiter ausgeführt, eine Zuständigkeit der Zivilgerichte könne in ähnlich gelagerten Konstellationen nur dann angenommen werden, wenn der geltend gemachte Anspruch erst aus § 823 Abs. 2 BGB folge, etwa weil ein Dritter und nicht der gesetzliche Schuldner der Krankenversicherungsbeiträge sich nach § 266 a StGB strafbar gemacht habe. Schließlich sprächen auch die Motive des Gesetzgebers sowie prozessökonomische Gründe für die einheitliche Zuständigkeit der Sozialgerichte für sämtliche Rechtsstreitigkeiten betreffend die Beitragsschuld eines Schuldners von Sozialversicherungsbeiträgen.
Der teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht, für Klagen der vorliegenden Art sei stets der Zivilrechtsweg eröffnet (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Entscheidung vom 30. August 2005, Aktenzeichen L 9 SF 863/05), könne – so das Amtsgericht abschließend – damit nicht gefolgt werden.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Gegen den der Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 7. September 2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 21. September 2010 per Fax eingegangene Beschwerde (Bl. 81 ff. d.A.), mit der die Beschwerdeführerin zur Begründung anführt, streitig sei vorliegend allein die Qualifizierung der unstreitig öffentlich-rechtlichen Forderung als solche, die auch aus dem Rechtsgrund der unerlaubten Handlung geschuldet sei. Diese Frage, die allein im Rahmen des Insolvenzrechts Bedeutung habe, sei nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Eine einheitliche Zuständigkeit der Zivilgerichte oder aber der Verwaltungsgerichte bzw. Sozialgerichte sei im vorli...