Verfahrensgang
AG Kassel (Beschluss vom 11.04.1996; Aktenzeichen 451 C 1916/96) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten wird der Streitwertbeschluß des Amtsgerichts Kassel vom 11. April 1996 – 451 C 1916/96 – abgeändert.
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird auf 2.000,– DM festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht Kassel ohne Begründung den Streitwert auf 1.000,– DM festgesetzt. Die hiergegen mit dem Ziel einer Heraufsetzung des Streitwertes eingelegte Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ist gemäß §§ 25 Abs. 2 GKG, 9 Abs. 2 BRAGO zulässig und führt zu einer Abänderung des Streitwertes auf 2.000,– DM.
Für die Streitwertfestsetzung ist auf das Interesse der Klägerin an der Erteilung der mit der Klage begehrten Zustimmung der Beklagten zur Haltung des Yorkshire-Terriers „Cäsar vom Uhlenstein” abzustellen. Mangels anderweitiger konkreter Wertbestimmungen ist der Wert dieses Interesses nach § 3 ZPO zu schätzen.
Dabei ist maßgeblich zu sehen, daß es sich bei der Haltung des genannten Hundes nicht etwa um die Frage handelt, ob ein Nutztier in den Mieträumen gehalten werden darf, sondern daß es ganz wesentlich darum geht, daß die Klägerin und ihre Familie ein ideelles Interesse daran haben, den Hund halten zu dürfen, wofür im wesentlichen emotionale Gründe bestehen. Daraus erhellt, daß es nicht sachgerecht sein kann, dieses Interesse mit irgendwelchen Bruchteilen des zu zahlenden Mietzinses anzusetzen, es muß vielmehr versucht werden, die Wertigkeit der Hundehaltung für den Mieter einzuschätzen.
Hierbei ist die Kammer der Auffassung, nicht nur einen unerheblichen, im Bagatellbereich liegenden Wert ansetzen zu dürfen, weil in der heutigen Zeit für viele Menschen, insbesondere in städtischen Wohnbereichen, die Haltung von Haustieren, hier eines Hundes, von erheblicher psychischer Bedeutung ist. Dieses Interesse kann sich aber auch aus zahlreichen anderen Zusammenhängen ergeben und sich noch erhöhen, wenn besondere Behinderungen oder psychische Dispositionen des Mieters vorliegen, die eine Hundehaltung besonders angezeigt erscheinen lassen.
Wenn auch von letzterem im vorliegenden Fall nichts bekannt ist und deshalb für die Kammer bei ihrer Bewertung auch nicht in Ansatz gebracht werden kann, erscheint es gleichwohl angemessen, das Interesse der Klägerin an der Hundehaltung deutlich höher zu bewerten, als dies in dem Beschluß des Amtsgerichts zum Ausdruck kommt. Deren Wohnung liegt nämlich in einem innerstädtischen Bereich in einer sehr großen Wohnanlage, mit allen Merkmalen anonymen Wohnens, die für solche Situationen typisch sind. In einer solchen Wohnsituation kann das Halten eines Hundes von erheblicher Bedeutung für emotionale Verfassung des einzelnen Halters sein, weil das Tier einen persönlichen Bezugspunkt in der umgebenden Anonymität darstellt. Unter Gewichtung dieser Umstände folgt die Kammer einer Linie, die sich in der neueren Rechtsprechung auch anderer Landgerichte verfolgen läßt (LG Wiesbaden WuM 1994, 486; LG Hamburg WuM 1996, 533), und setzt den Streitwert auf 2.000,– DM fest.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 Abs. 4 GKG.
Unterschriften
Blomer, Roersch, Dr. Guise-Rübe
Fundstellen
Haufe-Index 1409671 |
WuM 1998, 296 |