Verfahrensgang

AG Bad Segeberg (Urteil vom 21.12.1989; Aktenzeichen 12 C 255/89)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen – teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

  1. Der Beklagte wird – aufgrund seines Anerkenntnisses – verurteilt, an die Klägerin 150,– DM zu zahlen.
    1. Der Beklagte wird weiter verurteilt, 4 % Zinsen auf 150,– DM seit dem 1. April 1990 zu zahlen.
    2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden der Klägerin zu 90 % und dem Beklagten zu 10 % auferlegt.
 

Tatbestand

Die Klägerin hat den Beklagten auf Rückerstattung der Mietkaution (1.000,– DM) und der halben Miete für 5/89 (212,50 DM) sowie auf Schadensersatz (Erstattung der Kosten ihres Rechtsanwalts wegen Ausspruchs der fristlosen Kündigung: 325,58 DM) zusammen 1.538,08 DM, in Anspruch genommen. Der Beklagte hat in zweiter Instanz nur noch mit Mietzinsansprüchen für 6/89 und 7/89 (zusammen 850,– DM) aufgerechnet sowie 150,– DM (ohne Zinsen) anerkannt. Weitergehende Aufrechnungsansprüche hat der Beklagte nicht mehr zur Entscheidung gestellt.

Von der Darstellung weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 543 Abs. 1 BGB abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nur zum Teil – und zwar in Höhe des anerkannten Betrages (150,– DM) und der hierauf entfallenden Zinsen – begründet.

Im übrigen hat das Amtsgericht die Klage zu Recht abgewiesen, weil der restliche Mietkautions-Erstattungsanspruch (850,– DM) durch die Aufrechnung des Beklagten mit Mietzinsansprüchen (6/89 und 7/89) erloschen ist und die weiteren Klagansprüche unbegründet sind.

Diese weiteren Klagansprüche, aber auch der zur Aufrechnung gestellte Anspruch auf Mietzinszahlung hängen davon ab, ob die fristlose Kündigung der Klägerin vom 8. Mai 1989 zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt hat. Die Kammer ist – im Ergebnis – mit dem Amtsgericht der Auffassung, daß die Kündigung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt (§§ 542, 544, 554 a BGB) wirksam gewesen ist:

1. § 542 BGB

Das – bewiesene – Auftreten von Kakerlaken (blatella germanica) ist zwar ein Mangel, der den Mietgebrauch erheblich beeinträchtigt. Voraussetzung für die Kündigung ist aber auch, daß der Mieter dem Vermieter zuvor eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels setzt. Das ist nicht geschehen. Die Klägerin hat – nach Auftreten der Schaben (in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai 1989) – sogleich am folgenden Montag (8. Mai 1989) durch ihren Prozeßbevollmächtigten die Kündigung erklären lassen.

Die Fristsetzung war auch nicht entbehrlich.

Entbehrlich kann die Fristsetzung sein, wenn der Vermieter sich endgültig weigert, seiner Pflicht zur Mangelbeseitigung nachzukommen. Eine dahingehende positive Vertragsverletzung kann jedoch nicht festgestellt werden.

Zwar hatte sich der Beklagte zuvor geweigert, das Ungeziefer zu bekämpfen. Darin lag aber jedenfalls keine schuldhafte positive Vertragsverletzung. Seine Weigerung beruhte nämlich darauf – und auf diesen Punkt hatte er die Klägerin hingewiesen –, daß die Ungezieferbekämpfung in den Mieträumen Sache des Mieters sei. So war es nämlich nach dem Formularmietvertrag (§ 16 Abs. 2) vereinbart.

Wenn allerdings diese Klausel nicht AGB-fest ist – wie die Klägerin einwendet –, müßte gleichwohl eine positive Vertragsverletzung des Beklagten bejahft werden, wenn er gewußt – oder schuldhaft nicht erkannt – hätte, daß er sich auf die Klausel nicht hätte berufen dürfen.

Die Frage, ob die Überwälzung der Ungezieferbekämpfung eine Klausel darstellt, die den Mieter „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt” (§ 9 Abs. 1 AGB-Gesetz), ist bislang weder im Wege des Rechtsentscheidverfahrens (jetzt § 541 ZPO) noch durch eine Verbandsklage (§ 13 AGBG) einer Klärung zugeführt worden, obwohl diese Klausel nicht nur im Formularmietvertrag des Haus- und Grundeigentümervereins, sondern z.B. auch in den Allgemeinen Vertragsbestimmungen von (ehemals gemeinnützigen) Wohnungsunternehmen (Ziffer 5 I. AVB) enthalten ist.

Die Frage der Wirksamkeit dieser Klausel wird auch in der Rechtsprechung nur gelegentlich – und auch nur in den Fällen – in Frage gestellt, in denen nicht nur – wie hier – ein einzelner Raum, sondern ein ganzes (Mehrfamilien-) Haus von Ungeziefer befallen ist oder wo die Quelle für den Ungezieferbefall außerhalb der Wohnung liegt, weil in diesen Fällen dem Mieter Risiken in unkalkulierbarer Höhe auferlegt würden (vgl z.B. LG Freiburg, WM 1966, 246; AG Bonn, WM 86, 113). Für die Wirksamkeit der Klausel wird es mithin darauf ankommen, ob dem Mieter lediglich die Beseitigung des durch den Mietgebrauch in seine Wohnung gelangten Ungeziefers auferlegt wird oder ob er – weitergehend – auch dann bekämpfungspflichtig ist, wenn die Quelle für den Ungezieferbefall nicht in der Wohnung liegt.

Einer Entscheidung dieser – schwierigen – Rechtsfrage bedarf es nicht, weil sich der Beklagte – die Unwirksamkeit der Klausel einmal unterstellt – jedenfalls in unverschuldetem ...

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