Verfahrensgang
AG Koblenz (Entscheidung vom 28.10.2003; Aktenzeichen 21 IK 55/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts Koblenz aufgehoben.
Gründe
Unter dem 3. Mai 2003 hat der Antragsteller einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 305 InsO) beim Amtsgericht Koblenz eingereicht und zugleich einen Antrag auf Restschuldbefreiung (§ 287 InsO). Er hat ein Gläubiger- und Forderungsverzeichnis vorgelegt, in dem die Deutschen Bank Lübeck mit einer Forderung von insgesamt 8.747,08 EUR verzeichnet ist. Weitere Gläubiger sind nicht vorhanden.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf dessen Gründe zum Zwecke der weitere Sachdarstellungsbezug genommen wird, hat das Amtsgericht den Insolvenzantrag des Antragstellers als unzulässig abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass das Insolvenzverfahren gem. § l Satz 1 InsO nur statthaft sei zur gemeinschaftlichen Befriedigung mehrerer Gläubiger. Da der Antragsteller jedoch nur einen Gläubiger habe, sei Vollstreckungsschutz gegen diese Einzelforderung allein mit den Rechtsbehelfen des Einzelzwangsvollstreckungsrechts zu erreichen. Das insolvenzrechtliche Verteilungsverfahren sei nicht starthaft.
Gegen diesen Beschluss, der ihm am 31. Oktober 2003 zugestellt wurde, wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde vom 10. November 2003, die am 11. November 2003 beim Amtsgericht Koblenz eingegangen ist.
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Zu Unrecht hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers und Schuldners als unzulässig zurückgewiesen. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass das Amtsgericht sich auf eine Entscheidung der Kammer vom 25. April 2003 (2 T 91/03) stützt. Die Kammer hält an ihrer Rechtsprechung nicht mehr fest.
Zutreffend geht das Amtsgericht zunächst davon aus, dass das Insolvenzverfahren dazu dient, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, in dem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird (§ l Satz 1 InsO). Ein weiteres Ziel des Insolvenzverfahrens ist es jedoch, dem redlichen Schuldner Gelegenheit zu geben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ l Satz 2 InsO). Die Kammer sieht die Möglichkeit der Restschuldbefreiung als einen zulässigen isolierten Verfahrenszweck des Insolvenzverfahrens an. Diesen Standpunkt hat sie schon in Bezug auf die (frühere) Notwendigkeit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verbraucherinsolvenzverfahren eingenommen.
Unter dieser Prämisse ist das Verbraucherinsolvenzverfahren auch dann durchzuführen, wenn der Schuldner nur einen und nicht mehrere Gläubiger hat. Auch wenn in den für die Erteilung von Restschuldbefreiung maßgeblichen Bestimmungen von Insolvenzgläubigem bzw. restlichen oder nicht erfüllten Verbindlichkeiten die Rede ist (u.a.: §§ l Satz 2, 286, 301 Abs. 1 InsO), kann das nicht zu der Annahme führen, dass einem Schuldner, gegen den nur ein Gläubiger eine Forderung hat, die Möglichkeit der Erlangung von Restschuldbefreiung in einem Insolvenzverfahren verwehrt ist. Seit jeher tragen die Vorschriften des Konkurs- und Insolvenzrechts der Tatsache Rechnung, dass im Normalfall sich ein Schuldner nicht einem sondern mehreren Gläubigern gegenüber sieht. Der Gebrauch des Plurals ist abgestellt auf der Normal fall und will deshalb nicht sagen, dass ein Gläubiger nicht ausreichend ist.
Das zeigt der Vergleich mit dem Regelinsolvenzverfahren. Für dieses ist es unstrittig ausreichend, wenn nur ein Gläubiger vorhanden ist (vgl. Späth, ZInsO 2003, 910) - So muss z.B. der Geschäftsführer einer GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen, wenn die Voraussetzungen verlegen. Tut er das nicht, kann er sich unter Umständen strafbar machen (§§ 64, 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG). Auch dies zeigt, dass sowohl im Regel- als auch im Verbraucherinsolvenzverfahren ein Gläubiger ausreichend sein
Wäre dies vorliegend nicht der Fall, nähme dem Schuldner, der nur einen Gläubiger hat, die Möglichkeit Restschuldbefreiung zu erlangen. Dafür gibt es auch keinen sachlichen Grund (AG Köln, ZlnsO2003,9l2).
Das Amtsgericht ist nach Aufhebung des Beschlusses gehalten, über den Antrag des Schuldners (erneut) unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer zu entscheiden.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da ein "Gegner" nicht vorhanden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 3028277 |
FamRZ 2004, 1225 |
FamRZ 2004, 1225 (amtl. Leitsatz) |
NZI 2004, 157 |
NZI 2004, 157 (Volltext mit red. LS) |
Rpfleger 2004, 312 |
Rpfleger 2004, 312 (Volltext mit red. LS) |
ZInsO 2004, 101 |
ZInsO 2004, 101-102 (Volltext mit red. LS) |
NZI (Beilage) 2004, 42 (amtl. Leitsatz) |
ZVI (Beilage) 2004, 10 (amtl. Leitsatz) |
ZVI (Beilage) 2004, 20 (amtl. Leitsatz) |
ZVI 2003, 668 |
ZVI 2003, 668 (Volltext mit red. LS) |