Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge
Leitsatz (amtlich)
Die tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Gefährdung des Kindeswohls als Voraussetzung für eine Maßnahme nach § 1666 BGB ergibt, müssen erwiesen sein. Bloßer Verdacht – hier des sexuellen Missbrauchs – genügt nicht.
Normenkette
BGB § 1632 Abs. 4, § 1666 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Köln (Beschluss vom 13.05.1991; Aktenzeichen 53 VIII S 528/89) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 13. Mai 1991 – 53 VIII S 528/89 – aufgehoben.
Es wird angeordnet, daß bis auf weiteres das betroffene minderjährige Kind in der Außenwohngruppe des Jugendhilfswerks … Familie … in … verbleibt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Mit Beschluß vom 13.06.1989 ist im Verfahren 53 VIII S 528/89 seitens des Amtsgerichts Köln den Kindeseltern und Beteiligten zu 2. bezüglich der Kinder … und … sowie des betroffenen Kindes das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Wege einstweiliger Anordnung entzogen und dieses Recht auf das Jugendamt der Stadt Köln als Pfleger übertragen worden. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dringender Verdacht bestünde, daß sowohl das Kind … als auch der Kindesvater die Kinder … und … sexuell mißbraucht hätten. Zur weiteren Begründung ist darauf hingewiesen worden, daß der Kindesvater alkoholabhängig und die Kindesmutter spielsüchtig seien. Der Dacht sexuellen Mißbrauchs ergab sich nach Darstellung des Beteiligten zu 3. im Bericht vom 20.06.1989 durch ERzählungen des betroffenen Kindes im Kindergarten. Das betroffene Kind ist sodann einem Frauenarzt vorgestellt worden, der ärztlicherseits jedoch Auffälligkeiten nicht feststellte. Die gegen den Kindesvater geäußerten Verdachtsmomente basieren im übrigen auf Zeichnungen, die das Kind angefertigt hat (vgl. Blätter 18 f. d. GA).
Im Rahmen der Anhörung vom 18.07.1989 haben die Kindeseltern die gegen sie erhobenen Vorwurfe zurückgewiesen. Insbesondere hat der Kindesvater darauf verwiesen, daß sexuelle Kontakte zwischen ihm und dem betroffenen Kind nicht bestanden hätten. Seit Juni 1989 befinden sich die Kinder … und … wieder bei der Mutter, die sich zu dieser Zeit in einem Frauenwohnheim aufhält. Der Kindesvater hatte sich seinerzeit in eine Entziehungskur begeben, diese jedoch nach kurzer Zeit bereits abgebrochen. Das betroffene Kind … lebt seit September 1989 in der Außenwohngruppe … des Jugendhilfezentrums …. Seit der Aufnahme hat das betroffene Kind den Kindergarten und die Vorschule der Gemeinde … besucht. Seit Herbst 1990 besucht das betroffene Kind die freie … in …
Unter dem 02.08.1990 ist seitens des Jugendhilfezentrums ein psychologisches Gutachten zur Fragestellung insbesondere des sexuellen Mißbrauchs vorgelegt worden. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, aufgrund der Untersuchungen könne nicht eindeutig entschieden werden, ob der Kindesvater das betroffene Kind sexuell mißbraucht habe. Jedoch könne als erwiesen gelten, daß das betroffene Kind selbst entweder durch den Vater oder durch den Bruder sexuell mißbraucht worden sei. Unter dem 22.03.1991 hat Frau Dipl.-Psychologin ein Sachverständigengutachten erstattet. Die Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, daß eine Reihe von Hinweisen in … Äußerungen und in ihrem Verhalten darauf hindeuten, daß das Kind sexuell mißbraucht worden sei. Eindeutige, positive Beweise lägen jedoch nicht vor. Das Gutachten schließt mit der psychologischen Empfehlung, das betroffene Kind auf lange Sicht in ihrer Wohngruppe zu belassen.
Durch die im Tenor näher bezeichnete Entscheidung hat das Amtsgericht Köln den Beteiligten zu 2. und Kindeseltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und dieses Recht dem Jugendamt der Stadt Köln als Pfleger übertragen. Zur Begründung hat das Amtsgericht auf § 1666 Abs. 1 BGS Bezug genommen und sich die Ausführungen der Sachverständigen zu eigen gemacht. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kindeseltern mit ihrer Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen. Die Beteiligten zu 2. und 3. sind im Termin vom 27.09.1991 persönlich angehört worden. Das betroffene Kind wurde am 05.11.1991 durch den Berichterstatter der Kammer aufgesucht und angehört. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Das Rechtsmittel der Kindeseltern ist gemäß §§ 19, 20 FGG zulässig und in der Sache in vollem Umfang erfolgreich. Die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 BGB liegen nicht vor bzw. sind nicht bewiesen. Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes durch mißbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Vormundschaftsgericht, wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen, § 1666 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zweif...