Verfahrensgang
AG Köln (Entscheidung vom 20.07.2011; Aktenzeichen 118 C 13/11) |
Tenor
1.
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 20.07.2011 - 118 C 13/11 - werden zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 63 % und die Beklagte zu 37 %.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Amtsgericht der Klägerin nur einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 506,00 € zuerkannt. Ein weitergehender Rückzahlungsanspruch ist nicht gegeben, da die Beklagte dem Kondiktionsanspruch der Klägerin eine Gebührenforderung entsprechend ihre Kostenrechnung von 21.06.2011 in Höhe von 1.802,60 € entgegen halten kann, aus der ein Recht zum Behalten folgt.
Es ist insoweit unerheblich, dass eine Einforderbarkeit der Anwaltsvergütung gem. § 10 Abs. 1 S. 1 RVG mangels unterzeichneter Berechnung (noch) nicht besteht. Es handelt sich nämlich bei dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch um eine condictio ob causam finitam (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt 1 BGB), die als Anspruchsvoraussetzung den endgültigen Wegfall des Rechtsgrundes verlangt. Ein solcher endgültiger Wegfall ist nicht vorgetragen oder ersichtlich. Der Beklagten ist es jederzeit möglich, eine den Anforderungen des § 10 RVG entsprechende unterzeichnete Abrechnung vorzulegen. (Die Klägerin hätte die Möglichkeit, eine solche korrekte Abrechnung nach § 10 Abs. 3 RVG einzufordern.)
Auch geht der Einwand der Klägerin, dass in Bezug auf die an den Zeugen M gerichtete Kostennote keine Gegenseitigkeit zu ihrem Kondiktionsanspruch bestehe, fehl. Der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Gebührenvorschusses beruht auf einem Bereicherungsanspruch aus übergegangenem Recht nach § 86 Abs. 1 VVG. Auf diese cessio legis finden die Vorschriften der §§ 401 ff. BGB Anwendung. Dem Dritten bleiben die bestehenden Einwendungen gem. § 404 BGB erhalten (vgl. dazu Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 86, RN 30). Die Beklagte kann dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin daher grundsätzlich einen gegen den Zeugen M bestehenden Gebührenanspruch entgegenhalten.
Die Kostennote der Beklagten vom 21.06.2010 ist in Bezug auf die herangezogenen Gebührenvorschriften des RVG sowie ihrer Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden.
Durch die Einlegung der Berufung mit Schriftsatz vom 23.04.2009 hat die Beklagte eine 1,6 Verfahrensgebühr nach VV 3200 RVG verdient. Der Gebührenanspruch nach VV 3200 RVG entsteht bereits durch die Entgegennahme der Informationen, bzw. der Einreichung der Berufungsschrift, ohne dass die Berufung zugleich begründet werden müsste (Göttlich/Mümmler, RVG, 4. Aufl. 2012, Berufung 1.2.1; Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 15. Aufl. 2011, Nr. 3200 VV Rn 2; Hartung/Schons/Enders, 2011, Nr. 3002 VV, Rn 7; Gerold/Schmidt, RVO, 19. Aufl. 2010, 3200 VV, Rn 1).
Richtigerweise wurde in der Kostennote dieser Verfahrensgebühr ein Gegenstandswert von 10.000,00 € zugrundgelegt, nachdem die Berufung nur in dieser Höhe durchgeführt wurde. Der Gegenstandswert im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich gem. § 47 GKG i.V.m. § 23 Abs. 1 RVG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (Göttlich/Mümmler, RVG, 4. Aufl. 2012, Berufung 2.). Die Ansicht, dass dieser Gebühr die gesamte Beschwer in Höhe von 74.272,00 € zugrunde zu legen wäre, findet keine Stütze in der Rechtsprechung oder Literatur und wird in der Berufungsinstanz auch von der Beklagten nicht mehr vertreten.
Weiterhin kann die Beklagte eine Gebühr nach VV 2100 RVG geltend machen. Soweit die Beklagte in Ihrer Kostennote vom 21.06.2011 insoweit eine Gebühr nach VV 2200 RVG aufführt, handelt es sich ersichtlich um einen Schreibfehler, zumal die Gebühr gem. VV 2100 RVG nach dem Inhalt des Protokolls bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Köln am 01.06.2011 war.
Die an die Stelle des § 20 Abs. 2 BRAGO getretene Rahmengebühr des VV 2100 RVG fällt nach dem Text der Vorschrift bei Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels an und ist auf eine Gebühr für das Rechtsmittelverfahren anzurechnen. Die Gebühr des VV 2100 RVG entsteht nach Abschluss der ersten Instanz bereits ohne gesonderte Beauftragung, wenn der in erster Instanz tätige Anwalt eine Prüfung der Erfolgsaussichten vornimmt (Hartung/Schons/Enders, 2011, Nr. 2001 VV, Rn 6; Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl. 2012, Nr. 2100 VV, Rn 6). Sie ist für jeden Rat im Zusammenhang mit der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels verdient (Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl. 2012, Nr. 2100 VV, RN 1). Aus der Anrechnungsanordnung der VV 2100 RVG folgt, dass die Gebühr auch dann anfallen kann, wenn ein Rechtsmittel tatsächlich durchgeführt wird. Es bedarf daher keines ausdrücklichen isolierten Beratungsauftrages.
Lebensnah...