Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftpflichtversicherung. erwachsenes Kind
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen des von seinem Sohn N verursachten Schadensereignisses vom 12.08.2008 Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger macht mit seiner Klage Ansprüche aus einer bei der Beklagten auf Basis deren EHV und BHB abgeschlossenen Privathaftpflichtversicherung geltend wegen einer Inanspruchnahme seines erwachsenen Sohnes durch die Augsburger Verkehrsbetriebe, die diesem vorwerfen, am 12.08.2008 anlässlich eines Verkehrsunfalls in Augsburg eine Straßenbahn beschädigt zu haben.
Die dem Vertragsverhältnis zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise:
"2.
Mitversichert ist
2.1.
die gleichartige gesetzliche Haftpflicht(...) c. (der) unverheirateten und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Kinder (...), bei volljährigen Kindern jedoch nur, solange sie sich noch in der Schul- oder sich unmittelbar anschließenden Berufsausbildung befinden (berufliche Erstausbildung - Lehre und/oder Studium - nicht Referendarzeit, Fortbildungsmaßnahmen und dgl. Bei Ableistung des Grundwehr- oder Zivildienstes (einschließlich des zusätzlichen freiwilligen Wehrdienstes) vor, während oder im Anschluss an die Berufsausbildung bleibt der Versicherungsschutz bestehen. (...)"
Der Sohn des Klägers ist 1979 geboren und unverheiratet. Nach dem Bestehen des Abiturs im Jahre 1999 leistete er in der Zeit vom 04.10.1999 bis 31.08.2000 seinen Zivildienst ab. Anschließend besuchte er bis zum Sommer 2003 eine Bibelschule. Im Oktober 2003 nahm er ein Lehramtsstudium in den Fächern Mathematik und Physik auf, das er im Zeitpunkt des hier in Rede stehenden Verkehrsunfalls noch nicht abgeschlossen hatte.
Der Kläger hält die Beklagte für aufgrund des Verkehrsunfalls vom 12.08.2008 eintrittspflichtig.
Er beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm wegen des von seinem Sohn N verursachten Schadensereignisses vom 12.08.2008 Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren
sowie
die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, eine sich an die Schule unmittelbar anschließende Berufsausbildung könne bezogen auf den Unfallzeitpunkt nicht mehr angenommen werden. Dies gelte schon vor dem Hintergrund, dass sich der Besuch der Bibelschule als eine den Versicherungsschutz ausschließende Fortbildungsmaßnahme darstelle. Jedenfalls setze eine Gewährung von Versicherungsschutz voraus, dass ein Zusammenhang zwischen dem Besuch der Bibelschule und dem späteren Lehramtsstudium bestehe, dieser sei aber nicht erkennbar.
Der Kläger trägt hierzu vor, die Bibelschule habe dazu gedient, seinen Sohn vollumfassend auf verschiedene Bereiche der Kinder- und Jugendarbeit vorzubereiten, was ohnehin immer seiner Neigung entsprochen habe; schon damals habe der Sohn ein späteres Lehramtsstudium zumindest in Erwägung gezogen, er habe immer einen Beruf ergreifen wollen, in dem der Umgang mit jungen Menschen eine Rolle spiele.
Wegen der näheren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen überreichten Unterlagen Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung eines Zeugen. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 09.09.2009 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat völlig überwiegend Erfolg.
Der Feststellungsantrag ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
Ihm fehlt insbesondere nicht das Feststellungsinteresse, weil der Versicherungsnehmer in der Haftpflichtversicherung grundsätzlich nur auf die Feststellung der Verpflichtung des Versicherers, Versicherungsschutz zu gewähren, klagen kann, solange sich nicht sein diesbezüglicher Anspruch in einen Freistellungs- oder Zahlungsanspruch umgewandelt hat, was vorliegend noch nicht der Fall war. Der Haftungsfall steht nämlich nach Grund und Höhe noch nicht fest.
Der Feststellungsantrag ist auch begründet, weil die Beklagte gemäß §§ 1, 49 VVG a.F., Ziffer 2. der bedungenen EHV Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren hat.
Der Zeuge N ist im Hinblick auf Ziffer 2.1.c. EHV als sich in einer der Schulausbildung unmittelbar angeschlossenen Berufsausbildung befindliches Kind des Klägers in den Versicherungsschutz einbezogen.
Die genannte Bestimmung soll sicherstellen, dass Kinder in der Haftpflichtversicherung ihrer Eltern so lange mitversichert sind, wie sie im Rahmen eines durchgängigen, zusammenhängenden Ausbildungswegs noch in der notwendigen einheitlichen Ausbildungsphase zu einem Beruf sind und deshalb noch keine eigene Versicherung finanziere...