Verfahrensgang
AG Köln (Urteil vom 06.08.1996; Aktenzeichen 209 C 74/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 06.08.1996 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köln – 209 C 74/96 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten gegen das im Tenor näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts Köln ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und in vollem Umfang erfolgreich. Der Klägerin steht kein Herausgabeanspruch gemäß §§ 556, 985 BGB zu, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die Wohnung in der Floriansgasse Nr. 8 weiter fortbesteht. Namentlich war die fristlose Kündigung vom 26.01.1996 seitens der Klägerin nicht geeignet, das Mietverhältnis zu beendigen. Die Kündigung ist damit begründet worden, daß die Beklagte in zahlreichen Nächten nach 24.00 Uhr durch Baden und die damit verbundenen Wassergeräusche Mitbewohner gestört haben soll. Damit habe sie ständig und hartnäckig gegen mietvertragliche Pflichten und insbesondere gegen die Hausordnung verstoßen, die über § 22 des Mietvertrages in die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien einbezogen sei. Diese Kündigungserklärung ist auch trotz vorauf gegangener Abmahnung nicht geeignet, das Mietverhältnis nach § 553 BGB zu beendigen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 554 a BGB. Der Vermieter kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Mietverhältnis kündigen, wenn der Mieter oder derjenige, welchem der Mieter den Gebrauch der gemieteten Sache überlassen hat, ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt, insbesondere einem Dritten den ihm unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der dem Mieter obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet, § 553 BGB. Nach § 554 a BGB kann ein Mietverhältnis über Räume ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein Vertragsteil schuldhaft in solchem Maße seine Verpflichtungen verletzt, insbesondere den Hausfrieden so nachhaltig stört, daß dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Auf die Störung insbesondere des Hausfriedens hatte die Klägerin verwiesen.
Eine Klausel indessen, die nach der Hausordnung ein nächtliches Baden verbietet, hält einer Nachprüfung anhand von § 9 AGBG nicht stand. Eine derartige Klausel beinhaltet eine unangemessene Benachteiligung zu Lasten des Mieters; eine derartige Klausel ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren und wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Mietvertrages ergeben, werden so eingeschränkt, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Denn der Mietgebrauch erstreckt sich auf alle Teile der Wohnung. Der Mieter kann ein vorhandenes Bad grundsätzlich zu jeder Tages- und Nachtzeit benutzen. Bestimmte Badezeiten lassen sich aus dem Mietgebrauch selbst nicht ableiten; entsprechende Formularklauseln sind unzulässig (vgl. Sternel II, Rdz. 151). Das Geräusch ein- und ablaufenden Wassers zählt zu den normalen Wohngeräuschen, die von allen Mitbewohnern hingenommen werden müssen.
Die Kammer braucht nicht die Frage zu entscheiden, ob die Beschränkungen hinzunehmen sind, die das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Beschluß vom 25.01.1991 (WM 1991, 288) aufgestellt hat. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat ausgeführt, daß Geräusche durch nächtliches Baden oder Duschen in einem Mehrfamilienhaus grundsätzlich als sozial-adäquat hingenommen werden müssen, wenn die Dauer von 30 Minuten nicht überschritten wird. Der Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist indessen in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten zustande gekommen und orientiert sich an § 9 Abs. 1 des Landesimmissionsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen. Im zu entscheidenden Fall ist jedoch wesentliches Kriterium der durch den Vertrag umrissene Mietgebrauch durch den Mieter. Dabei hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, daß das Besitzrecht an einer gemieteten Wohnung Eigentum im Sinne der Freiheitsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG darstellt. Nach Art. 14 GG wird der Vertragstreue Mieter gegen einen Verlust seiner Wohnung geschützt, der nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters begründet ist. Die Wohnung als der räumliche Mittelpunkt freier Entfaltung seiner Persönlichkeit, als Freiraum eigenverantwortlicher Betätigung darf dem vertragstreuen Mieter nicht ohne beachtliche Gründe durch Kündigung entzogen werden (vgl. BVerfG WM 1993, 377; WM 1994, 119, 121). Diese Verankerung des Besitzrechtes des Mieters in Art. 14 des Grundgesetzes erklärt sich zwanglos daraus, daß das Wohnen alles umfaßt, was zur Benutzung der gemieteten Räume als existentiellem Lebensmittelpunkt des Mieters und seiner Familie gehört, also di...