Verfahrensgang
AG Saalfeld (Entscheidung vom 04.05.1994; Aktenzeichen B 119/94) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten zunächst darüber, ob der Beklagte rechtzeitig gegen einen ihm zugestellten Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt hat.
Auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Klägerin erließ das Amtsgericht Saalfeld am 31.01.1994 gegen den Beklagten einen Mahnbescheid wegen einer Darlehensrückzahlungsforderung in Höhe von 359.056,44 DM nebst Zinsen. Der Mahnbescheid wurde dem Beklagten durch Niederlegung am 31.03.1994 ordnungsgemäß in Radolfzell zugestellt. Da kein Widerspruch erfolgte, erließ das Amtsgericht Saalfeld am 04.05.1994 antragsgemäß gegen den Beklagten auch einen Vollstreckungsbescheid.
Die Zustellung des Vollstreckungsbescheides erfolgte ausweislich der Zustellungsurkunde (Blatt 17 der Gerichtsakte) am 10.05.1994 in Radolfzell unter der Anschrift ... Hierbei handelt es sich um den Wohnsitz der Eltern und der Geschwister des Beklagten. Nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin hatte sich der Beklagte ebenfalls in der ... polizeilich angemeldet. Seine persönliche Habe war dort deponiert, gelegentlich übernachtete der Beklagte auch bei seinen Eltern. Allerdings war der Beklagte spätestens Anfang 1994 zu seiner neuen Freundin, der Zeugin ... gezogen. Da seine Eltern von dieser Freundschaft nichts wissen durften, hatte der Beklagte sich polizeilich nicht zu der Zeugin ... umgemeldet.
Nach den Angaben in der Zustellungsurkunde erfolgte die Zustellung des Vollstreckungsbescheides im Wege der Ersatzzustellung gemäß § 181 ZPO an die Schwester des Beklagten ... Sie wurde am ...10.1980 geboren, war somit im Mai 1994 gerade 13 1/2 Jahre alt. Wegen des behaupteten Aussehens der Schwester des Beklagten im Mai 1994 wird Bezug genommen auf das von dem Beklagten vorgelegte Lichtbild B, eingeheftet im Umschlag Blatt 111 der Gerichtsakte.
Der Beklagte will den Vollstreckungsbescheid von seiner Schwester nicht erhalten haben.
Seit dem Jahre 1995 vollstreckt die Klägerin aus dem Vollstreckungsbescheid im Wege der Lohnpfändung gegen den Beklagten.
Am 25.06.1998 hat der Beklagte gegen den Vollstreckungsbescheid beim Amtsgericht Saalfeld Einspruch einlegen lassen (AS. 27 ff).
Der Beklagte ist der Ansicht, er könne noch Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einlegen, da die Zustellung an seine Schwester im Jahre 1994 nicht wirksam gewesen sei.
Der Beklagte läßt beantragen,
den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes Saalfeld aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt zunächst,
den Einspruch des Beklagten als unzulässig zu verwerfen.
Sie hält den Einspruch für verfristet.
Das Landgericht Konstanz hat mit Verfügung vom 03.08.1998 Termin zur mündlichen Verhandlung über die Zulässigkeit des Einspruchs angeordnet.
Im Termin vom 01.09.1998 wurde über die näheren Umstände der Zustellung des Vollstreckungsbescheides am 10.05.1994 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... und ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Terminsprotokoll Blatt 93 ff der Gerichtsakte. Außerdem wurde der Beklagte persönlich zu seinen Lebens- und Wohnverhältnissen im Jahre 1994 gehört.
Entscheidungsgründe
Der Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes Saalfeld ist zulässig.
Der Einspruch ist nicht verfristet, da die zweiwöchige Einspruchsfrist nach § 339 Abs. 1 ZPO nicht wirksam in Lauf gesetzt wurde. Das Gericht konnte nicht feststellen, daß die Zustellung des Vollstreckungsbescheides am 10.05.1994 entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erfolgte.
I.
1.
Die Zustellung des Vollstreckungsbescheides erfolgte im Wege der Ersatzzustellung nach § 181 ZPO. Danach kann, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung nicht angetroffen wird, die Zustellung an eine zu der Familie gehörende erwachsene Person erfolgen.
Der Begriff "erwachsen" in § 181 ZPO ist nach herrschender Auffassung nicht gleichbedeutend mit Volljährigkeit (vgl. nur von Feldmann in Münchner Kommentar zur ZPO, Rdnr. 15 zu § 181). Begründet wird dies mit der nachvollziehbaren Überlegung, daß es wohl kaum praktikabel wäre, wenn sich das Zustellungsorgan jedesmal einen Ausweis der angetroffenen Person zeigen lassen müßte. "Erwachsen sein" im Sinne von § 181 ZPO liegt dann vor, wenn die Person, der zugestellt werden soll, körperlich hinreichend entwickelt ist. Ein Minderjähriger kann demzufolge erwachsen im Sinne von § 181 ZPO sein, wenn nach seinem Entwicklungsstand erwartet werden kann, daß er das zuzustellende Schriftstück ordnungsgemäß weitergeben und sich dabei "wie ein Erwachsener" verhalten wird. Der Wortlaut von § 181 ZPO erfordert darüber hinaus, daß die Person aufgrund ihrer körperlichen Entwicklung auch äußerlich einem "Erwachsenen" ähnlich ist. Die Übergabe eines Schriftstückes an jemanden, der nach seinem Äußeren und f...