Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einem Verkehrsunfall auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin querte zusammen mit Frau (im Folgenden: die Getötete) am 14.09.2016 um 20.45 Uhr bei Dunkelheit außerorts die Landstraße. Die Getötete ist die Ehefrau des Bruders des Ehemanns der Klägerin. Eine Straßenbeleuchtung war an dieser Stelle nicht vorhanden. Es bestand kein Fußgängerüberweg o. ä. Die Getötete war dunkel gekleidet und ging hinter der Klägerin. Der Beklagte zu 1) befuhr mit dem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug die Landstraße mit jedenfalls 80 km/h. Sein Abblendlicht hatte der Beklagte zu 1) eingeschaltet. Er erfasste die Getötete, die schwer verletzt wurde und noch am selben Tag im Krankenhaus verstarb. Die Klägerin wurde von dem Fahrzeug nicht erfasst. Der Zusammenstoß ereignete sich hinter ihrem Rücken.
Am 29.08.2017 begab sich die Klägerin wegen psychischer Beschwerden in die Ambulanz der Lahn-Dill-Kliniken in Dillenburg.
Vorgerichtlich hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten die Beklagten mehrfach erfolglos aufgefordert, ihre Einstandspflicht anzuerkennen. Ihre vorgerichtlichen Anwaltskosten berechnet sie anhand einer 1,5-Gebühr aus dem Streitwert der Klage (s. Bl. 24 d. A.).
Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte zu 1) zu schnell gefahren sei und er die Getötete noch rechtzeitig hätte erkennen können, um den Unfall zu vermeiden. Durch den Unfall habe sie, die Klägerin, erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten. So würden sie die Bilder des Unfalls noch heute begleiten. Sie leide unter einer tiefgreifenden seelischen Beeinträchtigung. Es liege eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome sowie eine posttraumatische Belastungsstörung vor. Sie bedürfe einer fachärztlichen Behandlung. Gegenwärtig befinde sie sich bei einem Neurologen in Behandlung. Sie werde psychologisch therapiert. Seit dem September 2016 sei sie medikamentös mit Paroxetin behandelt worden und später mit Paroxedura und Quetiapin. Dadurch habe sie an Körpergewicht zugelegt, was sich negativ auf ihre psychische Verfassung auswirke. Es habe auch ein erfolgloser Behandlungsversuch in der Türkei stattgefunden. Sie sei sozial isoliert und könne ihren Alltag als Hausfrau kaum absolvieren. Ihre Stelle bei der Firma habe sie infolge des Unfalls nicht mehr ausüben können. Ihre Verfassung habe sich negativ auf ihre Tochter ausgewirkt.
Sie ist der Ansicht, es liege das nach der Rechtsprechung erforderlich besondere Näheverhältnis zur Getöteten vor. Dazu behauptet sie, mit dieser nicht nur freundschaftlich, sondern auch durch den besonders engen Familienverbund verbunden gewesen zu sein. Man habe viel gemeinsame Zeit verbracht und große Teile der Freizeitgestaltung und des familiären Alltags gemeinsam begangen.
Die Klägerin beantragt,
- die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin einen angemessenen Schmerzensgeldbetrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.09.2016, der die Mindestsumme von 25.000,00 EUR nicht zu unterschreiten hat, der im Übrigen in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren ihr aus dem Unfall vom 14.09.2016 noch entstehenden Schäden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind;
- die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.564,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.04.2018 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, die Getötete sei schlecht wahrnehmbar gewesen, diese hätte den herannahenden Beklagten zu 1) bereits aus einer Entfernung von 150 Metern sehen können. Dieser habe nicht mehr rechtzeitig bremsen können. Dazu sind sie der Ansicht, der Beklagte zu 1) habe nicht gegen das Sichtfahrgebot verstoßen, da er nicht mit Hindernissen oder Gefahren habe rechnen müssen. Fernlicht habe er nicht anschalten müssen. Die Klägerin müsse sich jedenfalls ein Mitverschulden der Getöteten anspruchsausschließend anrechnen lassen.
Die Akte der Staatsanwaltschaft Limburg zum Az. 3 Js 14715/16 ist beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld gegen die Beklagten zu (Antrag zu 1).
1.
Der Anspruch folgt nicht aus § 7 Abs. 1 StVG bzw. § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.
Etwaige Schäden, die die Klägerin infolge des Unfalls zwischen dem Beklagten zu 1) und der Getöteten erlitten haben mag, sind den Beklagten nicht zur...