Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Durchführung eines Insolvenzverfahrens. Voraussetzungen für das Vorliegen von Insolvenzgründen. Anforderungen an einen Schuldenbereinigungsplan
Normenkette
InsO §§ 83, 290 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4
Verfahrensgang
AG Worms (Beschluss vom 20.02.2003; Aktenzeichen 1 IK 21/00) |
Tenor
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Worms vom 20. Februar 2003 wird aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Amtsgericht Worms zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.
3. Die Beschwerdegegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Der Gegenstandswert wird auf die 4000 EUR festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Am 22.6.2001 wurde über das Vermögen des Schuldners das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Insgesamt wurden die Anmeldungen von sechs Gläubigern mit einem Forderungsvolumen i.H.v. 655.889,08 EUR als berechtigt festgestellt. Hauptgläubigerin ist die Beschwerdegegnerin – die Mutter des Schuldners – mit einer Gesamtforderung von 641.606,72 EUR. Im Schlusstermin v. 10.12. 2002 beantragte sie, dem Schuldner gem. § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO die von diesem begehrte Restschuldbefreiung zu versagen. Der Schuldner habe rechtsmissbräuchlich gehandelt und Vermögen verschwendet, indem er am 23.7.1999 eine Erbschaft i.H.v. 32.967,81 DM ausgeschlagen habe. Rechtsmissbräuchlich sei diese Ausschlagung deshalb gewesen, weil er sich in einem Vertrag v. 26.1.1997 ihr gegenüber unter gleichzeitiger Abtretung der entsprechenden Beiträge verpflichtet habe, „Erbschaften zu Sondertilgungen zu verwenden”.
Das AG hat mit Beschl. v. 20.2.2003 dem Schuldner die begehrte Restschuldbefreiung versagt. Es hat in der Ausschlagung der Erbschaft einen Versagungsgrund gem. § 290 Abs. 4 InsO gesehen. § 83 InsO würde nicht ausschließen, die Ausschlagung der Erbschaft als Verwendung von Vermögen zu werten. Die Bestimmung stelle lediglich klar, dass die Einnahme oder Ausschlagung einer Erbschaft als höchstpersönliches Recht dem Schuldner und nicht dem Insolvenzverwalter zustehe. Das Verhalten des Schuldners sei schon deshalb nicht als redlich zu beurteilen, weil er sich seiner Mutter gegenüber ausdrücklich verpflichtet habe, die zu erwartende Erbschaft zur Schuldentilgung zu verwenden. Indem er die Erbschaft seinen minderjährigen Kindern „schenkte”, habe er missbräuchlich Vermögen verschwendet.
Gegen diesen am 28.2.2003 zugestellten Beschluss hat der Schuldner am 6.3.2003 sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des AG Worms aufzuheben und festzustellen, dass er die Restschuldbefreiung erlangt, wenn er den Obliegenheiten aus § 295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen der §§ 297 und 298 InsO für eine Versagung nicht vorliegen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin teilt die Auffassung des AG, wonach die Ausschlagung der Erbschaft durch den Schuldner den Missbrauchstatbestand des § 290 Abs. Nr. 4 3. Alt. InsO erfüllt. Die Ausschlagung der Erbschaft könne nur den Zweck gehabt haben, ihr Schaden zuzufügen. Dies würde vorliegend umso mehr gelten, als der Schuldner sich in der schriftlichen Vereinbarung verpflichtet habe, die erbrechtlichen Ansprüche wahrzunehmen und zur Schuldenregulierung zu verwenden. Nur aus diesem Grund habe sie seinerzeit davon Abstand genommen, aus einem notariellen Schuldanerkenntnis die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu betreiben. Der Schuldner habe missbräuchlich Vermögen i.S.d. InsO verschwendet.
Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der Beschl. des AG Worms v. 20.2.2003 ist aufzuheben, wobei es das Gericht für sachgerecht hält, das Verfahren gem. § 570 Abs. 3 ZPO zur erneuten Entscheidung an das AG zurückzuweisen.
Die begehrte Restschuldbefreiung hätte dem Schuldner nicht verweigert werden dürfen, weil die Ausschlagung der Erbschaft nicht den Versagungsgrund des § 290 Abs. 4 InsO erfüllt und – wie das AG zutreffend darlegt – weitere Versagungsgründe nicht ersichtlich sind.
§ 290 InsO soll dazu beitragen, dass der Zielsetzung des § 1 Satz 2 InsO entsprechend nur redliche Schuldner Restschuldbefreiung erlangen. Zweck der Vorschrift ist die Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Restschuldbefreiung. Die Versagungsgründe sind abschließend aufgezählt und einer erweiternden Interpretation nicht zugänglich (Uhlenbruck, § 290 Rn. 54).
Eine Vermögensverschwendung – allein dieses Merkmal könnte bei der Ausschlagung der Erbschaft erfüllt sein – liegt immer dann vor, wenn der Wertverzehr außerhalb einer nachvollziehbaren Verhaltensweise liegt (Uhlenbruck, a.a.O.). Eine Verschwendung ist insbesondere bei sog. Luxusaufwendungen anzunehmen, ferner dann, wenn der Schuldner durch besonderen Aufwand, Spiel, Wetten oder Differenzgeschäfte übermäßige Summen verbraucht oder Vermögensgegenstände ohne nachvollziehbaren Anlass verschenkt hat (Nerlich/Römermann, § 290 Rn. 82).
Wird durch eine Ausschlagung einer Erbschaft bewirkt, dass Vermögensgegenstände den ...