Entscheidungsstichwort (Thema)
Schließung der Müllabwurfanlage im Mietshaus: Duldungspflicht des Mieters
Leitsatz (amtlich)
(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Der Vermieter darf zur Vermeidung erheblicher Instandsetzungskosten den Müllschlucker aus dem Betrieb nehmen, wenn der Mieter durch Ortssatzung ohnehin zur Mülltrennung verpflichtet ist und Restmüll in nur geringem Umfang ohne Inanspruchnahme des Müllschluckers zu entsorgen bleibt.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
Die zulässige Berufung ist in der Sache begründet.
Die Kläger können von der Beklagten nicht verlangen, daß diese den Müllschlucker des Hausanwesens X.-Straße, Mainz, funktionsfähig erhält. Vielmehr sind die Kläger ihrerseits verpflichtet, die dauerhafte Schließung der Müllabwurfanlage durch die Beklagte zu dulden.
Zwar stand den Klägern ursprünglich ein vertraglicher Anspruch auf Benutzung der mitvermieteten Gemeinschaftseinrichtung zu, jedoch ist es der Beklagten aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Änderungen, die weder in der Sphäre einer der beiden Mietvertragsparteien begründet sind, noch bei Abschluß des Mietvertrages vorhersehbar waren, nicht mehr zuzumuten, die Müllabwurfanlage unter Aufwendung erheblicher Sanierungskosten funktionsfähig zu erhalten. Insoweit war der Mietvertrag nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage an die geänderten Verhältnisse anzupassen:
Die im Jahre 1995 von der Stadt Mainz erlassene "Satzung über die Vermeidung, Verwertung und sonstige Entsorgung von Abfällen" in der Stadt Mainz begründet eine bußgeldbewehrte Verpflichtung der einzelnen Haushaltungen, verschiedene Müllsorten getrennt zu sammeln und sie in den dafür bestimmten Entsorgungsbehältnissen getrennt der städtischen Müllabfuhr zu überlassen. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 der Satzung. Hiernach sind bezüglich des Benutzungszwanges im Zusammenhang mit der städtischen Müllentsorgung "sonstige zur Nutzung des Grundstücks Berechtigte" dem Grundstückseigentümer gleichgestellt. Für die Benutzung der städtischen Müllentsorgung sieht die Satzung vor, daß "verwertbare Stoffe und sonstige Abfälle ... in den dafür bestimmten Entsorgungsbehältnissen getrennt zu überlassen" sind (§ 6 Abs. 1). Aus dem Zusammenhang mit § 4 Abs. 1 ergibt sich dabei, für welche Abfälle eine getrennte Entsorgung durch die Stadt vorgesehen ist. Soweit einzelne Abfälle, wie etwa Plastikverpackungen (§ 5 Abs. 2 Ziff. 4) von der Entsorgungspflicht ausgenommen sind, ist der Abfall nach § 5 Abs. 3 ebenfalls getrennt zu sammeln. Verstöße gegen die nach § 6 Abs. 1 begründete Verpflichtung der einzelnen Haushaltungen, den Abfall getrennt an die Entsorgungsbetriebe zu überlassen, können nach § 18 Abs. 1 Ziff. 7 mit einem Bußgeld belegt werden. Dabei ist die rechtliche Grundlage für eine derartige Bestimmung durch eine städtische Satzung nicht zu beanstanden, da der Satzungsgeber hierzu gesetzlich durch die Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz sowie das Landesabfallwirtschafts- und Altlastengesetz, das Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen und die Landesbauordnung Rheinland-Pfalz ermächtigt war.
Die Kläger sind somit als Mietparteien eines Hausanwesens, das dem Regelungsbereich der städtischen Satzung unterfällt, verpflichtet, Glas, Papier, Biomüll, Plastikabfälle und Restmüll getrennt zu sammeln. Dabei fällt der noch verbleibende Restmüll volumenmäßig kaum noch ins Gewicht. Soweit die Mietparteien die Benutzung des Müllschluckers gerade im Hinblick auf den Restmüll beanspruchen, reduziert sich der ihnen durch diese Benutzung verbleibende, ursprünglich mitvermietete Vorteil auf ein sehr geringes Maß. Die Mieter müssen zur Entsorgung der übrigen Müllarten die von der Vermieterin aufgestellten Entsorgungsbehältnisse in den Außenanlagen des Grundstückes aufsuchen. Für den überwiegenden Teil der Abfälle läßt sich daher der Gang zur Mülltonne nicht vermeiden. Gerade der Bio- und Plastikmüll läßt sich dabei nicht über einen längeren Zeitraum in der Wohnung sammeln. Lediglich den Restmüll könnten die Mieter noch über den Müllabwurfschacht entsorgen.
Diese nunmehr durch die städtische Satzung geschaffene Lage entspricht nicht mehr den bei Abschluß des Mietvertrages vorausgesetzten Verhältnissen: Damals ging man davon aus, daß sämtlicher anfallende Müll über den Müllabwurfschacht entsorgt werden könnte. Durch die von außen begründete Veränderung der Geschäftsgrundlage verschiebt sich das ursprünglich vorausgesetzte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zwischen Mieter und Vermieter derart, daß eine Vertragsanpassung notwendig wird: Die Benutzung des Müllschluckers ist für die Mieter nur noch von einem sehr geringen Wert. Gleichzeitig müßte die Vermieterin bel einer Weiterbenutzung der Anlage ganz erhebliche Sanierungskosten aufwenden, um deren Funktionsfähigkeit zu erhalten. Dies ist ihr aufgrund der geänderten Verhältnisse, auf die sie keinen Einfluß hatte, nicht mehr zuzumuten. Im Wege der Vertragsanpassung entfäl...