Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs bei Mietzahlung durch das Sozialamt
Leitsatz (amtlich)
Das Sozialamt, das die Mietzahlung an den Vermieter übernimmt, handelt insoweit nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters, sondern als Dritter i.S.v. § 267 BGB.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Mainz abgeändert.
Die Klage wird - soweit nicht zurückgenommen - abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Kläger 86 %, der Beklagte 14 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
<Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tatbestand wurde vom Gericht nicht mitgeteilt.>
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Die Kammer nimmt auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO); von der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird abgesehen (§ 540 Abs. 2, § 313 a Abs. 1 ZPO).
Den Klägern steht ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von dem Beklagten innegehaltenen Wohnung nicht zu, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung der Kläger vom 12.11.2002 wegen Zahlungsverzugs nicht wirksam beendet worden ist.
Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass trotz nachträglicher Zahlung des Rückstands durch das Sozialamt die Kündigung nicht gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB geheilt worden ist, da ihr vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach dieser Vorschrift (bzw. § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F.) unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegen jedoch die gesetzlichen Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§§ 543 Abs. 2 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB) nicht vor, so dass die Kündigung von vorneherein nicht wirksam war.
Bei Ausspruch der Kündigung bestand allerdings für zwei aufeinander folgende Termin objektiv ein Zahlungsrückstand in Höhe von mehr als einer Monatsmiete. Dies gilt, wie im Hinblick auf die Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor Kammer klarzustellen ist, selbst bei Verrechnung aller Zahlungen in 2001 auf den geschuldeten Mietzins statt, wie von Seiten der Kläger geschehen, zum Teil auf Anwaltskosten. Der sich hieraus ergebende Überschuss in 2001 wäre im Übrigen nicht automatisch auf einen Rückstand in 2002 zu verrechnen, sondern begründet lediglich einen aufrechenbaren Rückzahlungsanspruch, der aus den unten dargelegten Gründen nicht dem Beklagten, sondern dem Träger der Sozialhilfe zusteht, der auf diese Zahlungen geleistet hat; für eine entsprechende Aufrechnungserklärung des Sozialamts, die spätestens unverzüglich nach der Kündigung erfolgt sein müsste (§ 543 Abs. 2 Satz 3 BGB), ist nichts vorgetragen. Eine nähere Erörterung insoweit erübrigt sich. Der Beklagte ist nämlich gemäß § 285 BGB a.F. (§ 286 Abs. 4 BGB n.F.) nicht in Verzug, da der entstandene Rückstand nicht von ihm zu vertreten ist.
Dem Beklagten kann zunächst ein eigenes Verschulden in Form von Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht angelastet werden. Unstreitig hatte das Sozialamt in der Vergangenheit aufgrund entsprechender Bescheide, zuletzt vom 17.4.2001, die von dem Beklagten geschuldete Miete durch Überweisung an die Kläger bzw. die von ihnen beauftragte Hausverwaltung bezahlt. Der Beklagte durfte daher darauf vertrauen, dass diese Zahlungen auch weiterhin erfolgen würden, solange er nicht eine anders lautende Mitteilung erhielt. Eine solche Mitteilung ist aber nicht erfolgt. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist der letzte Sozialhilfebescheid vor Ausspruch der Kündigung weder aufgehoben bzw. abgeändert worden noch hat das Sozialamt den Beklagten in sonstiger Weise darüber informiert, dass es die Zahlung des Mietzinses einstellen werde bzw. eingestellt hatte. Unstreitig ist weiter, dass auch die Kläger bzw. deren Hausverwaltung den Beklagten vor Ausspruch der Kündigung nicht auf den zwischenzeitlich aufgelaufenen Zahlungsrückstand hingewiesen haben, so dass der Beklagte erst durch die Kündigung selbst von der Existenz eines Rückstands erfuhr. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts traf den Beklagten insoweit auch keine Erkundigungspflicht. Von einem Sozialhilfeempfänger zu verlangen, sich jeden Monat beim Sozialamt oder beim Vermieter zu vergewissern, ob die Überweisung von Seiten des Sozialamtes rechtzeitig ausgeführt wurde, ist letztlich lebensfremd, angesichts der Arbeitsüberlastung der Sozialämter im Übrigen auch kaum praktikabel (LG Mönchengladbach ZMR 1993, 571). Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes, auch wenn der Beklagte offenbar im Juli 2002 im Hinblick auf eine zwischenzeitlich eingetretene Veränderung in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen einen neuen Sozialhilfeantrag gestellt hatte. Solange der bisher geltende unbefristete Sozialhilfebescheid weder aufgehoben noch abgeändert war und das Sozi...