Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollständigkeitsklausel in Formularmietvertrag
Orientierungssatz
1. Enthält ein Formularmietvertrag die Klauseln, daß keine weiteren als die schriftlich festgelegten Vereinbarungen getroffen seien und daß nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen der Schriftform bedürften, so besteht nur eine Vermutung für das Fehlen mündlicher Nebenabreden. Beiden Parteien steht der Gegenbeweis frei.
2. Die in einem Formularmietvertrag vereinbarte Vollständigkeitsklausel begründet lediglich eine widerlegbare Vermutung dafür, daß beim Vertragsabschluß keine darüberhinausgehenden mündlichen Nebenabreden getroffen worden sind.
Tatbestand
Die Beklagten haben durch Vertrag vom 21.1.1970 (ABl I 6ff) das im Erdgeschoß des Anwesens in M., M.-Straße, gelegene Cafe-Restaurant mit Nebenräumen für die Zeit ab 1.3.1970 an den Kläger vermietet. Die Parteien streiten darüber, ob neben der Vermietung der in § 1 Ziff 1 des Mietvertrages genannten Räume den Kläger von den Beklagten die Benutzung von 4 Pkw-Stellplätzen auf dem Hof unwiderruflich gestattet worden ist.
Unter § 21 (sonstige Vereinbarungen) des Formularmietvertrages ist folgendes festgelegt:
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Ziff 3: |
Außer den hiermit schriftlich festgelegten Vertragsbestimmungen sind keine weiteren Vereinbarungen getroffen worden. |
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Ziff 4: |
Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung ... . |
Das Amtsgericht hat nach Vernehmung der Zeugen Ch. und E. U., E. Sch., J. F., B. K. und M. E. (vgl Protokolle vom 9.5. und 7.11.1975, I 69ff, 97ff) durch Urteil vom 6.2.1976 die Beklagten antragsgemäß verurteilt, dem Kläger 4 Pkw-Stellplätze auf dem Hof hinter der Waschküche des Anwesens in M.-K., M.-Straße, zur Verfügung zu stellen. Wegen der Begründung sowie wegen des Vorbringens der Parteien vor dem Amtsgericht und der dort gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Gegen das am 26.2.1976 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 26.3.1976 Berufung ein, die sie am 26.4.1976 begründeten.
Zur Begründung tragen die Beklagten unter anderem vor, daß mit dem schriftlichen Mietvertrag das gesamte Mietverhältnis zwischen den Parteien geregelt werden sollte. Zur Klarstellung sei in § 21 Ziff 3 und 4 des Mietvertrages ausdrücklich erklärt worden, daß weitere Vereinbarungen nicht getroffen worden seien und daß sie gegebenenfalls der Schriftform bedürften. Es handele sich hierbei nicht nur um eine widerlegliche Vermutung, sondern um die eindeutige Abrede, daß nur der schriftliche Mietvertrag gelten solle. Aus den Tatsachen, daß der Kläger mehr Mietzins als sein Vorgänger zahle und daß in dem von der Beklagten Ziff 2 unterzeichneten Baugesuch vom 5.3.1970 4 Stellplätze für das Cafe-Restaurant enthalten seien, könne nicht auf eine entsprechende Nutzungsvereinbarung geschlossen werden. Insbesondere sei es nicht möglich, die Parkplätze so anzulegen, wie es in der zum Baubescheid vom 15.5.1970 gehörenden Bauzeichnung (Bl 1 63) vorgesehen sei, nämlich ohne die Waschküche abzureißen. Aus der Aussage des Zeugen Sch. könne entnommen werden, daß die Parteien nur über die Möglichkeit der Einrichtung von Parkflächen gesprochen hätten. Es sei aber nicht zu einer konkreten Vereinbarung über die Vermietung von Stellplätzen gekommen. Sie - die Beklagten - hätten auch nicht geduldet, daß der Kläger oder seine Gäste Fahrzeuge im Hof abstellten. Eine Kontrolle sei nicht möglich gewesen, da im rückwärtigen Gebäude eine Autoreparaturwerkstatt untergebracht sei. Ebenso hätten sie das Parkplatzhinweisschild der Firma C. C. nicht geduldet.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des AG Mannheim vom 6.2.1976 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt ua vor, daß er und seine Gäste die 4 Stellplätze im Hof 2 Jahre lang widerspruchslos hätten benutzen können. Dies und die Aussagen der vom Amtsgericht gehörten Zeugen würden bestätigen, daß die Stellplätze mitvermietet worden seien. Die Schriftformklausel müsse demgegenüber zurücktreten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig gemäß den §§ 511ff ZPO. Sie ist aber unbegründet, weil nach dem Ergebnis der amtsgerichtlichen Beweisaufnahme der Kläger einen Anspruch auf Benutzung von 4 Stellplätzen im Hof hat.
1.
Der Umstand, daß im schriftlichen Mietvertrag die Bereitstellung von Parkplätzen nicht vereinbart ist, steht trotz der in § 21 Ziff 3 und 4 des Mietvertrages enthaltenen Vollständigkeitsklauseln und Schriftformklauseln dem Nachweis und der Gültigkeit einer diesbezüglichen mündlichen Abrede zwischen den Parteien nicht entgegen.
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a) |
Die klägerische Behauptung, daß die Beklagten während den Vertragsverhandlungen die Benutzung vom 4 Pkw-Stellplätzen im Hof ausdrücklich gestattet hätten, wird nicht von der Schriftformklausel des § 21 Ziff 4 des Mietvertrages erfaßt. Diese gilt nur für nachträglic... |