Tenor
1. Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 6.851,00 zuzüglich Zinsen aus dem Betrag in Höhe von EUR 21.815,00 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für den Zeitraum zwischen dem 5. Dezember 2012 und dem 13. Februar 2014 sowie Zinsen aus dem Betrag in Höhe von EUR 6.851,00 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2014 (abzüglich der auf die Zinsforderung bereits gezahlten EUR 855,59) zu zahlen.
2. Das beklagte Land wird ferner verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 1.023,16 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat das beklagte Land zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem beklagten Land immateriellen Schadensersatz wegen nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung.
Der Kläger wurde durch Urteil des Landgerichts Kassel vom 8. Juli 1994 wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt; zugleich ordnete das Gericht anschließende Sicherungsverwahrung an. Diese wurde nach Verbüßung der Strafhaft ab dem 25. Juni 1999 in der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt vollzogen.
Nach § 67d Abs. 1, Abs. 3 StGB in der im Zeitpunkt der Verurteilung des Klägers geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969 (BGBI. I S. 717) durfte die Dauer der erstmaligen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zehn Jahre nicht übersteigen; nach Ablauf dieser Höchstfrist war der Untergebrachte zu entlassen. Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBI. 1160) wurde diese Regelung geändert. Die Höchstfrist von zehn Jahren entfiel; § 67d Abs. 3 StGB bestimmte nunmehr, dass nach Ablauf von zehn Jahren das Gericht die Sicherungsverwahrung für erledigt erklärt, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Hanges erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Zugleich wurde in dem neu angefügten Absatz 3 desmittlerweile (durch Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010, BGBI. I S. 2300) in Gänze aufgehobenen – Art. 1a EGStGB festgelegt, dass § 67d StGB neuer Fassung uneingeschränkt Anwendung findet, also auch für Altfälle und damit für Straftäter gelten soll, die ihre Tat vor Verkündung und lnkrafttreten des Gesetzes begangen hatten und vor diesem Zeitpunkt verurteilt worden waren (siehe auch § 2 Abs. 6 StGB sowie BT-Drucks. 13/9062 S. 12).
Aufgrund der Gesetzesänderung wurde der Kläger nicht am 24. Juni 2009 aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Vielmehr beschloss die 7. Strafkammer – Strafvollstreckungskammer – des Landgerichts Marburg am 22. Juni 2009, dass die Maßregel wegen fortbestehender Gefährlichkeit des Klägers nicht für erledigt erklärt werde.
Mit Beschluss vom 2. Juli 2010 (BI. 7 ff. d. A.) gestaltete dieselbe Kammer vorsorglich für den Fall, dass der Kläger aus der Sicherungsverwahrung in Folge der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – EGMR – vom 17. Dezember 2009 (Nr. 19359/04) entlassen werde und deshalb Führungsaufsicht eintrete, dieselbe aus und erteilte dem Kläger eine Reihe von Weisungen.
Die Strafvollstreckungskammer nahm dabei Bezug auf das im Rahmen eines Individualbeschwerdeverfahrens eines anderen sicherungsverwahrten Straftäters ergangene Urteil des EGMR – V. Sektion – vom 17. Dezember 2009 (Beschwerde-Nr. 19359/04), wonach die Änderung des§ 67d Abs. 3 StGB mit Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention – EMRK – nicht vereinbar sei. Diese Entscheidung ist seit dem 10. Mai 2010 endgültig, nachdem ein Ausschuss der Großen Kammer den Antrag der Bundesregierung auf Verweisung an die Große Kammer nach Art. 43 Abs. 2 EMRK abgelehnt hat (Art. 44 Abs. 2 lit. c EMRK).
Mit Beschluss vom 14. Juli 2010 beschloss die 7. Strafkammer – Strafvollstreckungskammer – des Landgerichts Marburg, dass die weitere Vollstreckung der Unterbringung des Klägers in der Sicherungsverwahrung unzulässig sei (BI. 11 ff. d. A.). Die Staatsanwaltschaft erhob gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Nachdem der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zunächst mit Beschluss vom 19. August 2010 bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes über den Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 4. August 2010 – 1 Ws 404/10 – zurückgestellt hatte (BI. 16 ff. d. A.), hob der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sodann mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 den Be...