Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtvollstreckungsverfahren. Hinweis auf Anmeldefrist der Forderungen nur im Eröffnungsbeschluss. Anmeldung spätestens zum Prüfungstermin. Anmeldefrist schuldhaft versäumt. Absoluter Verzögerungsbegriff. Nachträgliche Prüfung der Forderung nicht möglich
Leitsatz (redaktionell)
- Ist nicht mehr feststellbar, ob der Gläubigerin in ihrer Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses des Gesamtvollstreckungsverfahrens eine Frist zur Anmeldung der Forderungen bestimmt worden war oder nicht, ist dies jedenfalls dann unerheblich, wenn die Gläubigerin ihre Forderungen nicht spätestens zum vorgesehenen Prüfungstermin angemeldet hat. War die Gläubigerin im Prüfungstermin anwesend und hat ihre Forderung nicht angemeldet, kann von einer schuldhaften Nichtanmeldung ausgegangen werden. Eine Gläubigerin mit eigener Rechtsabteilung kann sich auch nicht auf ausnahmsweise fehlendes Verschulden zurückziehen.
- Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Gesamtvollstreckungsverfahren durch eine verspätete Anmeldung verzögert wird oder nicht. Die ganz herrschende Meinung in der Rechtsprechung hat sich dem absoluten Verzögerungsbegriff angeschlossen, nach dem die Forderung bereits dann nicht mehr in die Tabelle aufgenommen werden kann, wenn die Anmeldefrist schuldhaft versäumt wurde.
Normenkette
GesO §§ 14, 18 Abs. 1 S. 2; KO § 142
Verfahrensgang
AG Meiningen (Beschluss vom 04.05.1998; Aktenzeichen N 85/92) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde gegen denBeschluß des Amtsgerichts Meiningen vom4.5.1998 (Az.: N 85/92) wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 32.762,50 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde mit Beschluß des Kreisgerichts Suhl vom 16.10.1992 unter dem damaligen Aktenzeichen 11-N-85/82 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und … zum Verwalter bestellt. In dem Beschluß wurde Termin zur Gläubigerversammlung und Prüfungstermin auf den 1.12.1992, 11.30 Uhr, bestimmt. Der von der zuständigen Richterin im Original unterzeichnete Eröffnungsbeschluß enthält ferner folgende Formulierung:
„Forderungen sind bis zum 16.11.92 bei dem Verwalter in zwei Stücken anzumelden. Vertreter von Gläubigern haben ihre Vollmacht einzureichen oder diese spätestens im Termin vorzulegen.”
In dem Eröffnungsbeschluß wurde ferner allen Personen, die eine zur Masse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Masse etwas schulden, aufgegeben, nichts an die Gemeinschuldnerin auszuhändigen oder zu leisten. Personen, die eine zur Masse gehörige Sache in Besitz hatten, jedoch eine abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen wollten, wurde weiterhin aufgegeben, dies dem Verwalter anzuzeigen. Eine Frist hierfür wurde nicht bestimmt.
Der Eröffnungsbeschluß wurde der Gemeinschuldnerin am 29.10.1992 zugestellt und im Bundesanzeiger, … veröffentlicht. In dem Text der Veröffentlichung findet sich der oben wiedergegebene Hinweis auf die Anmeldefrist der Forderungen nicht. Die Veröffentlichung, die im übrigen Gläubigerversammlung und Prüfungstermin in Übereinstimmung mit dem Eröffnungsbeschluß bezeichnet, hat vielmehr folgenden Wortlaut:
„Wer eine zum Vermögen gehörige Sache besitzt oder dem Vermögen etwas schuldet, darf an den Schuldner nichts aushändigen oder leisten und muß den Besitz der Sache und die Forderung, für die er aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nimmt, dem Verwalter bis zum 16.11.1992 in zweifacher Ausfertigung anmelden.”
Prüfungstermin und Gläubigerversammlung fanden am 1.12.1992 statt. Bei diesen Terminen war auch die Beschwerdeführerin anwesend; in der Anwesenheitsliste findet sich kein Hinweis auf die Anmeldung einer Forderung.
Mit Schreiben vom 11.11.1992 meldete die Beschwerdeführerin bei dem Verwalter Forderungen in Höhe von insgesamt 14.160.708,74 DM an, die sich wie folgt zusammensetzen:
- Darlehensweise Zweckzuwendung zur Finanzierung des Sozialplans i.H.v. 886.971,– DM,
- Ablösung des durch die Beschwerdeführerin verbürgten Liquiditätskredites bei der DG-Bank Meiningen i.H.v. 5.208.137,03 DM und
- Gesellschafterdarlehen gemäß Umschuldungsvereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Gemeinschuldnerin i.H.v. 8.065.600,71 DM.
Mit Schreiben vom 11.1.1993 meldete die Gemeinschuldnerin bei dem Verwalter eine weitere Forderung i.H.v. 32.762,50 DM an. Das Amtsgericht teilte der Beschwerdeführerin unter dem 4.2.1998 formlos mit, daß die Forderung i.H.v. 14.160.708,74 DM in die Tabelle aufgenommen worden und durch den Verwalter endgültig bestritten worden sei. Die zweite Forderung i.H.v. 32.762,50 DM könne nicht in die Tabelle aufgenommen werden, weil die Anmeldefrist schuldhaft versäumt worden sei. Mit Beschluß vom 4.5.1998 wurde der Aufnahme einer nicht näher bezeichneten Forderung in das Gläubigerverzeichnis nicht zugestimmt. Eine Zustellung des Beschlusses an den Prozeßbevollmächtigten der Beschwerdeführerin erfolgte unter dem 17.4.1999.
Mit Fax vom 21.4.1999, das bei dem Amtsgericht am gleichen Tag...