Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitrittsgebiet: Mietpreisbindung für vom Eigentümer am 2.10.1990 genutzten Wohnraum

 

Leitsatz (amtlich)

(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Auch am 2. Oktober 1990 vom Eigentümer genutzter Wohnraum unterfällt den Vorschriften über die Mietpreisbindung für Altbauwohnraum im Beitrittsgebiet.

 

Tatbestand

(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)

Der Beklagte bewohnte am 3. Oktober 1990 eine Wohnung im 1. Geschoß des ihm gehörenden Mehrfamilienhauses, welche er mit Vertrag v. 1. 10. 1993 an seinen Sohn und dessen Ehefrau und mit Vertrag v. 15. 6. 1994 an die Kläger vermietete. Die Kläger verpflichteten sich im Mietvertrag, einen monatlichen Mietzins in Höhe von 850,- DM sowie eine monatliche Abschlagszahlung für Nebenkosten in Höhe von 240,33 DM zu zahlen. Die Wohnfläche betrug 95,47 m2.

Die Kläger sind der Auffassung, daß die vermietete Wohnung der Mietpreisbindung nach früherem DDR-Recht unterlegen habe und begehren für den Zeitraum v. 1. 7. 1994 bis zum 30. 9. 1997 die Rückzahlung - unter Berücksichtigung einer "Eingangsgrundmiete" vor dem 3. Oktober 1990, der Ersten und Zweiten Grundmietenverordnung zuzüglich von Beschaffenheitszuschlägen sowie eines Kostenaufwandes für die Modernisierung einer Heizungsanlage - der Differenz zwischen der gezahlten Nettomiete und der im einzelnen berechneten nach ihrer Ansicht höchstens zulässigen Miete. Der Beklagte ist der Auffassung, daß die Wohnung nicht der Mietpreisbindung unterlegen habe, da die streitgegenständliche Wohnung von dem Beklagten als Eigentümer zum 3. Oktober 1990 bewohnt worden sei.

Das AG Sondershausen hat die Klage abgewiesen, da die streitgegenständliche Wohnung nicht der Mietpreisbindung unterlegen habe. Mit der Berufung verfolgen die Kläger den Anspruch auf Zahlung von 8129,23 DM nebst Zinsen weiter.

 

Entscheidungsgründe

Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete in Höhe von 8129,23 DM gemäß §812 Abs. 1 S. 1 BGB zu.

Der Beklagte hat die Mietzinszahlungen der Kläger durch deren Leistung erlangt. Dies erfolgte teilweise ohne Rechtsgrund. Denn der Beklagte hat mit der Vereinbarung eines Nettomietzinses in Höhe von 850,- DM, also eines Mietzinses in Höhe von 8,90 DM/m2, gegen Preisbestimmungen, hier insbesondere §§ 11 Abs. 2 MHG a. F., 1 Abs. 1, 3, 4 Erste Verordnung über die Erhöhung der Grundmieten v. 17. 6. 1991 (BGBl. I, S. 1269), 5 Abs. 2 Zweite Verordnung über die Erhöhung der Grundmieten v. 27. 7. 1992 (BGBl. I, S. 1416) und Art. 2 § 2 des Gesetzes zur Überleitung preisgebundenen Wohnraums im Beitrittsgebiet in das allgemeine Miethöherecht v. 6. 6. 1995 (BGBl. I, S. 748) verstoßen. Diese Preisverstöße führen nach § 134 BGB jedoch nicht zur Nichtigkeit des Mietvertrages, sondern dieser bleibt mit dem zulässigen Mietzins aufrechterhalten (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 134 Rn. 25, 27).

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zwischen den Klägern und dem Beklagten am 15. 6. 1994 galt die Zweite GrundMV. Nach § 1 Abs. 1 dieser Verordnung wurde der höchstzulässige Mietzins, der sich in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet für "Wohnraum" nach § 1 der Ersten GrundMV ergibt, zum 1. 1. 1993 um 1,20 DM/m2 Wohnfläche monatlich erhöht. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 der Ersten GrundMV wurde der höchstzulässige Mietzins, der sich in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet für "Wohnraum" am 2. Oktober 1990 aus Rechtsvorschriften ergab, zum 1. 10. 1991 um 1,00 DM/m2 Wohnfläche monatlich erhöht.

Nach einem Teil der Literatur wird daraus gefolgert, daß etwa die Erste GrundMV nicht anzuwenden sei auf Wohnraum, der am 2. Oktober 1990 vom Eigentümer selbst genutzt worden ist. Denn für diese Art von Wohnraum habe nicht die Verordnung über die Festsetzung von Mietpreisen in volkseigenen und genossenschaftlichen Neubauwohnungen v. 19. 11. 1981 (GBl. I, S. 389) gegolten, die Mietpreise und Entgelte für Wohnungen regelte, die ab dem 1. 1. 1967 neu errichtet wurden. Habe es sich hingegen um Wohnungen gehandelt, die vor dieser Zeit gebaut worden seien (sog. Altbauwohnungen), so habe es für sie keine "Bewilligung der Preisbehörde" nach § 1 der Preisanordnung Nr. 415 - Anordnung über die Forderung und Gewährung preisrechtlich zulässiger Preise - v. 6. 5. 1955 (GBl. I, S. 330) gegeben. Daher habe solcher Wohnraum keiner Preisbindung unterlegen, so daß Eigentümer den am 2. Oktober 1990 von ihnen selbst bewohnten Wohnraum frei vermieten könnten (vgl. Schilling/Heerde, Mietrecht in den neuen Bundesländern von A-Z, 2. Aufl., "Grundmiete", II. 1. e), S. 28, 29; dem folgend Voelskow, in: Münchener Komm. zum BGB, 3. Aufl., § 11 MHG Rn. 7). Dieser Auffassung, die sich an dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 MHG a. F. orientiert, folgt die Kammer nicht.

§ 11 MHG a. F. ist durch die Anlage 1, Kap. XIV, Abschn. III, Nr. 7 des Einigungsvertrages v. 31. 8. 1990 (BGBl. II, S. 885, 1126) in das Gesetz zur Regelung der Miethöhe (MHG) v. 18. 12. 1974 (BGBl. I, S. 3603) eingefügt und später durch Art. ...

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