Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 123 Abs. 2 Satz 1 AktG über das Anmeldeerfordernis gilt auch für die Inhaber von Namensaktien.
2. Hatte die Gesellschaft vor dem Squeeze out eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit mit dem nunmehrigen Hauptaktionär (Business Combination Agreement) abgeschlossen, so ist dieses nicht ab der Bekanntmachung der Einberufung in den Geschäftsräumen und während der Hauptversammlung auszulegen, §§ 327c Abs. 3 AktG, 327d AktG sind insoweit abschließende Regelungen und nicht analog anwendbar.
3. Die Anfechtungsklage kann nicht darauf gestützt werden, dass einzelne Punkte der Bewertung als Basis der Abfindung im Übertragungsbericht des Hauptaktionärs unzutreffend dargestellt seien. Es genügt, wenn der Bericht des Hauptaktionärs die Angemessenheit der Barabfindung hinreichend erläutert und begründet.
4. Die Regelung des § 143 UmwG findet bei §§ 327 a ff. AktG keine analoge Anwendung; es besteht beim Squeeze out keine Pflicht, einen schriftlichen Nachtragsbericht zu erstatten.
5. Der gerichtlich bestellte Prüfer muss keine eigenständige Unternehmensbewertung vornehmen. Inhaltliche Mängel des Prüfungsberichts können den Übertragungsbeschluss grundsätzlich nicht unwirksam und anfechtbar machen, was sich aus der unabhängigen Stellung des gerichtlich bestellten Prüfers ergibt.
6. Übt ein Aktionär sein Stimmrecht aus, obwohl die Rechte aus den Aktien aufgrund von § 59 WpÜG nicht bestehen, führt dies nicht zur Nichtigkeit, weil die Voraussetzungen von § 241 Nr. 3 AktG nicht erfüllt sind.
7. Die Erteilung von Informationen durch die Gesellschaft an den Hauptaktionär zur Ermittlung der Höhe der Barabfindung gem. § 327b Abs. 1 Satz 2 AktG begründet keine erweiterte Auskunftspflicht nach § 131 Abs. 4 AktG.
8. § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG gibt dem Aktionär keinen Anspruch auf Einsichtnahme in ein für die Gesellschaft erstelltes Gutachten.
9. Hat eine Gesellschaft vor dem Squeeze out-Beschluss wertvolle Vermögensgegenstände veräußert, so begründet dies auch dann keinen Rechtsmissbrauch beim Squeeze out, wenn die Veräußerung zu einem deutlich zu niedrigen Kaufpreis erfolgt sein sollte, weil es dadurch zu keinem Rechtsverlust der Aktionäre kommt. Der Verlust der Aktionärsstellung führt nicht zum Verlust der Möglichkeit, bereits rechtshängige Ansprüche aus §§ 317, 318, 309 Abs. 4 AktG weiterhin geltend zu machen. Ein derartiger Schadensersatzanspruch ist im Falle seines Bestehens auch in einem Spruchverfahren zu berücksichtigen.
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HK O 12861/07) |
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass die von den Antragsgegnern vor dem Landgericht München I erhobenen und unter dem Aktenzeichen 5HK O 12861/07 geführten Klagen gegen die Wirksamkeit des Beschlusses der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 26./27. Juni 2007 zu Tagesordnungspunkt 8, mit dem die Hauptversammlung die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre der Bayerische Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft auf die UniCredito Italiano Società per Azioni mit Sitz in Genua, Italien, beschlossen hat, der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister nicht entgegenstehen.
II. Die Antragsgegner sowie die Nebenintervenienten tragen die Kosten des Rechtsstreits zu gleichen Teilen.
III. Die Nebenintervention des Nebenintervenienten zu 1) auf Seiten der Antragsgegner wird für zulässig erklärt.
IV. Die Nebenintervention des Nebenintervenienten zu 2) auf Seiten der Antragsgegner wird zurückgewiesen.
V. Der Nebenintervenient zu 2) trägt die Kosten des Zwischenstreits.
VI. Der Streitwert wird auf EUR 500 000,– festgesetzt.
Tatbestand
A.
I.
1.a) Die Antragstellerin sowie die italienische Großbank UniCredito Italiano Società per Azioni (im Folgenden: UniCredit) schlossen am 12.6.2005 ein so genanntes Business Combination Agreement (im Folgenden: BCA – Anlage ASt 85), mit dem ausweislich seiner Präambel die grundlegenden Vereinbarungen und das wechselseitige Verständnis der Vertragsparteien im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss, der Transaktionsstruktur, der zukünftigen organisatorischen und gesellschaftsrechtlichen Struktur der Gemeinsamen Gruppe und den Verantwortlichkeiten von UniCredit und HypoVereinsbank innerhalb der Gemeinsamen Gruppe geregelt werden sollte. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des BCA wird in vollem Umfang auf Anlage ASt 85 Bezug genommen. In der Folgezeit unterbreitete UniCredit den Aktionären der Antragstellerin ein freiwilliges öffentliches Umtauschangebot. Als Folge dieses Angebots verfügte UniCredit zunächst über 93,93 % der Aktien der Antragstellerin.
Im März 2006 schlossen die Antragstellerin, UniCredit, die B…, die Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten, die AV-Z Kapitalgesellschaft mbH sowie der Betriebsratsfond der Angestellten der B. AG Großraum Wien ein so genanntes Restated Bank of the Regions Agreement (im Folgenden: ReBoRA), in dem sich die Antragstellerin und UniCredit verpflichteten, vorbehaltlich und im Rahmen der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen Ve...