rechtskräftig
Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 08.11.2022; Aktenzeichen 1294 C 10278/22 WEG) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 08.11.2022, Az. 1294 C 10278/22 WEG, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung entsprechende Sicherheit leistet.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 65.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger/Berufungsbeklagte ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE).
Streitgegenstand ist der Beschluss über die Fassadensanierung, der als TOP 4 in der Eigentümerversammlung 28.06.2022 wie folgt gefasst wurde:
„Die Wohnungseigentümer/innen beschließen, mehrheitlich bei 191,90/1000stel Gegenstimmen und 163,80/ 1000stel Enthaltungen, die … mit dem Fassadenanstrich analog deren auf Grundlage des Leistungsverzeichnisses abgegebenen Angebots zu beauftragen. Der Kostenrahmen für die Maßnahme inklusive Kosten der Bauleitung durch … wird auf 65.000,– EUR festgelegt.
Die Finanzierung der Arbeiten erfolgt über die Erhebung einer Sonderumlageverteilt nach Miteigentumsanteilen und fällig zum 01.08.2022 – in Höhe von 65.000 Euro.”
Der Kläger verfügt über 41.70/1000stel sowie über 150,2/1000stel Miteigentumsanteile, mithin insgesamt über 191,90/1000stel MEA. Bei der Eigentümerversammlung anwesend oder vertreten waren – neben dem Kläger – die Miteigentümer … (93,5 MEA), … (114,4 MEA), … (45,5 MEA), … 147,1 MEA) und … (49,4), insgesamt 641,8/1000 MEA.
In der Teilungserklärung ist im Teil II unter § 1 a vorgesehen: Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht das Wohnungseigentum mehreren Personen gemeinschaftlich zu, so können diese das Stimmrecht nur einheitlich ausüben.
Unter § 1 b) heißt es: Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums werden im Verhältnis der Miteigentumsanteile aufgeteilt (…).
Mit der Einladung zu der Eigentümerversammlung wurde ein Brief des … (Anlage B 4) mit einer Vergabeempfehlung und eine dazugehörige 17-seitige Zusammenstellung übersandt, überschrieben mit „Projekt: … Instandhaltung, LV: maler lv malerarbeiten fassaden …, Preisspiegel: Alle Positionsarten”. Auf die Anlage B 3/1-B3/17 wird insoweit Bezug genommen.
Bei der Eigentümerversammlung war eine Miteigentümerin in Form eines Videotelefonats zugeschaltet. Hierzu wurde der Kläger vom Verwalter in der Versammlung informiert, dass diese „inoffiziell” an der Versammlung teilnehme.
Mit der Anfechtungsklage machte der Kläger formelle und materielle Fehler geltend. Das Stimmrecht sei nicht nach Köpfen ausgeübt worden, es werde bestritten, dass tatsächlich der Beschluss mit Mehrheit gefasst wurde, ebenso dass sämtliche Miteigentümer geladen worden seien, wegen der Zuschaltung der Miteigentümerin …, die nicht vor Ort war, sei die Eigentümerversammlung fehlerhaft durchgeführt worden, da ein Beschluss hierzu nach § 23 Abs. 1 S. 2 WEG nicht gefasst worden sei. Sie habe versucht, ein nicht gegebenes Stimmrecht auszuüben, ihre Vollmacht an den Hausverwalter hätte ihm auf seine Nachfrage nicht vorgelegt werden können. Auch seien Ihre Aussagen nicht verständlich gewesen und er habe nicht alle Äußerungen von ihr wahrnehmen können. Zudem sei davon auszugehen, dass die Miteigentümerin die Aussagen in vollem Wortlaut des Klägers, die sie sicher von der fehlenden Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung überzeugt hätten, nicht wahrnehmen konnte. Auch sei nicht sichergestellt gewesen, dass hierdurch das Gebot der Nichtöffentlichkeit eingehalten werden würde. Neben den Umstand, dass die Versammlung, die Ausübung des Rederechts und die Stimmabgabe von formellen Fehlern gekennzeichnet seien, leide der Beschluss auch an inhaltlichen Mängeln. Der Beschluss selber sei unbestimmt und damit nichtig, jedenfalls deshalb anfechtbar, da die Beauftragung nicht auf Grundlage eines Angebots, sondern „analog” zu einem Angebot erfolgen solle und weder Datum des Angebots noch der Preis beschlossen worden sei. Er vertritt ferner die Ansicht, dass die Gemeinschaft ihr Ermessen nach § 18 WEG nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe und die einzelnen Angebote hätten aufgerufen und der Reihe nach zur Abstimmung gebracht hätten werden müssen wie bei der Verwalterwahl (BGH, Urteil vom 18.01.2019, Az: V ZR 324/17). Auch inhaltlich entspreche die Maßnahme nicht ordnungsgemäßer Erhaltung.
Die Beklagte trug vor, dass die Miteigentümerin, die über Videotelefonat zugeschaltet war, dem Versammlungsleiter eine Vollmacht erteilt hatte und dieser in deren Vertretung unter Ausübung der Vollmacht an den Abstimmungen und Beschlussfassungen teilgenommen habe, wozu sie die Anwesenheitsliste mit Vollmachten vorlegte (Anlage B 1/1-B1/6).
Das Amtsgericht München hat der Anfechtungsklage des Klägers stattgeben und den Beschluss zu TOP 4 der Ei...