Leitsatz (amtlich)
§ 27 Abs. I Nr. 7 WEG ist dahingehend auszulegen, daß eine entsprechende Informationspflicht des Verwalters nur dann besteht, wenn den Wohnungseigentümern ein gesteigertes Informationsbedürfnis zukommt. Ein solches ist dann anzunehmen, wenn sie am Verfahren beteiligt sind, oder dies für sie möglich wäre. Es besteht dagegen nicht bei Geltendmachung von Wohngeldrückständen gegen einzelne Wohnungseigentümer.
Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 28.01.2009) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Amtsgerichts München vom 28.01.2009 wird zurückgewiesen, ebenso wie die Anschlußberufung der Beklagten.
II. Klägerin und Beklagte tragen jeweils ½ der Kosten des Berufungsverfahrens, die Beklagten ihre Hälfte samtverbindlich.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen entbehrlich, da gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft kein Rechtsmittel zulässig ist (Thomas/Putzo, ZPO, § 540 Rn. 4 m. w. N.).
Die Revision wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs. 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um ein Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG handelt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Anschlußberufung ist als unselbständige Anschlußberufung gemäß § 524 Abs. II ZPO ebenfalls zulässig, hat aber ebenfalls in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat entschieden, daß TOP 20 der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung insoweit für ungültig zu erklären ist, als eine Verwaltungsgebühr für die Einleitung des anwaltlichen Mahnverfahrens gegen zahlungssäumige Wohngeldschuldner in Höhe von 100 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer beschlossen wurde. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß die Höhe dieses Betrages übersetzt sei. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer unselbständigen, da außerhalb der Berufungsfrist erhobenen Anschlußberufung.
Die Anfechtungsklage der Klägerin auf Ungültigerklärung des Beschlusses zu TOP 21 der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Hier hat es ausgeführt, daß § 27 Abs. I Nr. 7 WEG so auszulegen sei, daß nur die Streitsachen von der dort normierten Informationspflicht erfasst seien, in denen der Verwalter Zustellungsvertreter der übrigen Eigentümer sei. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
Die amtsgerichtliche Entscheidung war jedoch in vollem Umfang zu bestätigen, wobei in Hinblick auf das jeweilige Berufungsvorbringen folgende Begründungen veranlasst sind:
1.) Das Amtsgericht ist zu Recht nicht dem Antrag gefolgt, den Beschluß zu TOP 21 der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung für ungültig zu erklären. Die klägerische Ansicht, die vom Amtsgericht vorgenommene Auslegung des § 27 Abs. I Nr. 7 WEG sei nicht möglich, da diese Norm nicht auslegungsfähig sei, vielmehr ausschließlich auf den Wortlaut abzustellen sei und der Verwalter unverzüglich über alle Verfahren gemäß § 43 WEG berichten müsse, trifft nicht zu.
a.) Dabei sind zunächst die Darlegungen über den Gang des Gesetzgebungsverfahrens, wie sie in der Berufungsbegründung ausführlich vorgenommen werden und zum Beleg dafür herangezogen werden, daß eine vom Zweck des Gesetzes ausgehende, einschränkende Auslegung des Wortlauts der Norm nicht möglich sei, nicht ganz zutreffend. Nachdem das WEG [alt] in seinem ursprünglichen § 27 Abs. I überhaupt keine Informationspflicht des Verwalters über anhängige Rechtsstreitigkeiten vorgesehen hatte, sah der Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Erweiterung der Pflichten des Verwalters für den Fall vor, daß er über solche Rechtsstreitigkeiten zu informieren habe, die gegen ihn auf Erfüllung seiner Pflichten erhoben werden (BT-Drucksache 16/887, S. 7 und 35). Es trifft sodann nicht zu, daß der Bundesrat in seiner Stellungnahme eine unverzügliche Informationspflicht des Verwalters über sämtliche Rechtsstreitigkeiten gemäß § 43 WEG gefordert habe. Der Bundesrat führte in seiner Stellungnahme vielmehr ausdrücklich aus: „Der Verwalter hat die Wohnungseigentümer nicht nur über Rechtsstreitigkeiten auf Erfüllung seiner eigenen Pflichten, sondern über alle Rechtsstreitigkeiten gemäß § 43 WEG-E, in denen er nach § 45 Abs. I WEG-E Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer ist, zu unterrichten” (BT-Drucksache 16/887, S. 50; Hervorhebung vom Verfasser). Sowohl die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung (BT-Drucksache 16/887, S. 70), als auch die Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucksache 16/3843, S. 26) gingen sodann ausdrücklich davon aus, daß mit der darin vorgesehenen Fassung des § 27 Abs. I Nr. 7 WEG der Vorschlag des Bundesrates aufgegriffen werden sollte. Dieser hatte jedoch nicht die Reichweite des sodann vorgesehenen Wortlautes.
b.) Zu ...