Verfahrensgang

OLG München (Vergleich vom 24.10.2019; Aktenzeichen 10 U 4113/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Kläger machen mit ihren Klagen ein Hinterbliebenengeld gegen die Beklagten wegen eines tödlichen Verkehrsunfalls geltend.

1.

Der Beklagte zu 1) war zum Unfallzeitpunkt Halter und Fahrer des PKW der Marke Opel Meriva mit dem amtlichen Kennzeichen: DAH-xxx, der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist.

Der Kläger zu 1) ist der am 23.09.1970 geborene älteste Sohn der tödlich verunfallten K.. Die Klägerin zu 2), geboren am 08.08.1971, ist die Ehefrau des Klägers zu 1) seit Juli 1993; die Verunfallte war ihre Schwiegermutter.

Am 23.04.2018 gegen 10.30 Uhr bog der Beklagte zu 1) mit seinem PKW in K von der O.straße kommend in die W.straße nach links ab. Dabei übersah er die Fußgängerin K., die die W.straße in Fahrtrichtung des Beklagten zu 1) von links nach rechts überqueren wollte. Der PKW des Beklagten zu 1) kollidierte mit der verunfallten K., die hierdurch schwer verletzt wurde und an den Unfallfolgen in der darauf folgenden Nacht im Krankenhaus verstarb. Die alleinige, 100 %-ige Haftung der Beklagten für die Unfallfolgen ist unstreitig.

Die Kläger befanden sich aufgrund der psychischen Folgen des Unfalls und des Todes der Mutter bzw. Schwiegermutter in laufender Behandlung von Dr. med. L., Praxis für Psychiatrie und Psychotherapie in D.. Auf das von den Klägern vorgelegte „ärztliche Attest” vom 30.10.2018 wird Bezug genommen.

Die Beklagte zu 2) zahlte als Hinterbliebenengeld an den Kläger zu 1) vorprozessual 5.000,00 EUR und an die Klägerin zu 2) 3.000,00 EUR.

2.

Die Kläger machen mit der Klage ausdrücklich „Hinterbliebenengeld gemäß § 844 Abs. 3 BGB” geltend. Sie halten die bislang von der Beklagten zu 2) gezahlten Beträge für nicht ausreichend und sind der Auffassung, dass für den Kläger zu 1) ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 15.000,00 EUR und für die Klägerin zu 2) ein solches in Höhe von 12.000,00 EUR angemessen sei.

Sie behaupten, dass die Verstorbene aufgrund ihrer tunesischen Herkunft „letztlich das Oberhaupt der Familie” gewesen sei. Der Kläger zu 1) habe ein sehr enges und besonderes Verhältnis zu seiner Mutter gehabt. Er habe sich für sie verantwortlich gefühlt. Er habe sie häufig besucht und viele Dinge des täglichen Lebens für sie erledigt. So habe auch die Mutter die beiden Kläger zusammen mit ihren beiden Kindern häufiger besucht. Man habe gemeinsam gekocht und gegessen. Aufgrund des Unfalltodes der Mutter habe der Kläger zu 1) 12 Kilogramm an Gewicht verloren. Beide Kläger befänden sich noch immer in ärztlicher Behandlung wegen des Unfalltodes.

Für die Klägerin zu 2) sei die Schwiegermutter wie eine eigene Mutter oder wie eine Freundin gewesen. Es habe fast täglich Kontakt zwischen beiden gegeben. In der Woche hätten sich beide ungefähr drei Mal getroffen.

Wegen der weiteren tatsächlichen Ausführungen der Kläger wird auf die Klageschrift vom 22.11.2018 und den Schriftsatz vom 12.02.2019 Bezug genommen.

3.

Die Kläger haben mit der Klageschrift zunächst auch Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 493,08 EUR begehrt und dies mit Schriftsatz vom 12.02.2019 (Bl. 28 d.A.) auf Freistellung geändert.

4.

Die Kläger beantragen zuletzt:

  1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Hinterbliebenengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2018 zu bezahlen.
  2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Hinterbliebenengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2018 zu bezahlen.
  3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Kläger von der Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten auf Bezahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 493,08 EUR freizustellen.

5.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

6.

Die Beklagten bestreiten alle tatsächlichen Umstände hinsichtlich der unfallbedingten Beeinträchtigungen der beiden Kläger in psychischer und somatischer Hinsicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 18.01.2019 sowie vom 25.02.2019 Bezug genommen.

7.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Wegen des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.05.2019 (Bl. 48/52 d.A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

1.

Die Klage ist zulässig.

Obwohl die geltend gemachten Zahlungsanträge der Hauptsache nicht beziffert sind, entspricht dies dennoch § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Denn ebenso wie bei einem Schmerzensgeldanspruch hängt die Anspruchshöhe von der Ausübung richterlichen Ermessens ab. Aus diesem Grund kann von einer Partei für die Zulässigkeit der Klage nicht verlangt werden, dass si...

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