Verfahrensgang

AG Bocholt (Entscheidung vom 18.08.2010; Aktenzeichen 9 K 37/09)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 31.03.2011; Aktenzeichen V ZB 313/10)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Wert: 43.000 EUR

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin ist die Schwester des Eigentümers der verfahrensgegenständlichen Eigentumswohnung. Für sie ist seit dem 11.06.2003 im Grundbuch in Abteilung II ein Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB eingetragen. Für die die Zwangsversteigerung betreibende Gläubigerin ist in Abteilung III seit dem 24.08.1989 eine Grundschuld zu 150.000 DM nebst Zinsen und einmaliger Nebenleistung eingetragen. Am 21.04.2009 wurde der Vermerk, dass über das Vermögen des Eigentümers das Insolvenzverfahren eröffnet ist, im Grundbuch eingetragen. Insolvenzverwalter ist der Beteiligte zu 1).

Auf Antrag der Gläubigerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bocholt vom 27.07.2009 die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung angeordnet. Der Verkehrswert wurde mit Beschluss vom 23.11.2009 auf 70.000 EUR festgesetzt.

Im ersten Versteigerungstermin am 24.03.2010 wurde darauf hingewiesen, dass zu Gunsten der Beschwerdeführerin davon ausgegangen werde, dass das für sie eingetragene Wohnungsrecht als Altenteilsrecht anzusehen sei und demnach gemäß Art. 6 II ZVG-Ausführungsgesetz NW, § 9 I EGZVG außerhalb des geringsten Gebotes bestehen bleibe. Ein Antrag der Beschwerdeführerin, gemäß §§ 50, 51 ZVG einen Ersatzwert für das Wohnrecht festzusetzen, wurde unter Hinweis auf einschlägige Kommentarliteratur zurückgewiesen. Es wurde auf Antrag der Gläubigerin gemäß Art. 6 II ZVG-Ausführungsgesetz NW, § 9 II EGZVG beschlossen, das Wohnungseigentum in der nachfolgenden Versteigerung sowohl unter den gesetzlichen Bedingungen (Bestehenbleiben des Wohnungsrechtes außerhalb des geringsten Gebotes) als auch unter abweichenden Versteigerungsbedingungen (Erlöschen des Wohnungsrechts) auszubieten. Für das Ausgebot 1 blieben die Beteiligten zu 3) mit 71.000 EUR Meistbietende, für das Ausgebot 2 die Beschwerdeführerin mit 72.000 EUR.

Vor einer Entscheidung über den Zuschlag beantragte die Gläubigerin die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe sie darüber informiert, dass ihre Finanzierung nicht gesichert sei. Mit Beschluss vom 30.03.2010 wurde daraufhin der Zuschlag auf das abgegebene Meistgebot der Beschwerdeführerin versagt. Das einstweilen eingestellte Verfahren wurde auf Antrag der Gläubigerin mit Beschluss vom 15.04.2010 fortgesetzt.

Im sodann auf den 11.08.2010 anberaumten Versteigerungstermin wurde durch Boten ein schriftlicher Vollstreckungsschutzantrag des Eigentümers und der Beschwerdeführerin vom 10.08.2010 überbracht, in dem unter Bezugnahme auf § 765a ZPO beantragt wurde, einen etwaigen Zuschlag an den Meistbietenden zu versagen, hilfsweise das Versteigerungsverfahren für einen Zeitraum von 3 Monaten einstweilen einzustellen, äußerst hilfsweise einen etwaigen Zuschlag für einen Zeitraum von 3 Wochen auszusetzen. Begründet wurde der Antrag im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin seit längerem unter einem Angst- und Paniksyndrom einhergehend mit allgemeiner Sozialangst leide und seit etwa einem halben Jahr weiter unter intermittierenden depressiven Zuständen, was sich in zunehmender Antriebsschwäche und extremen Schlafstörungen äußere. Die Beschwerdeführerin trage sich mehrfach und zunehmend mit Suizidgedanken. Sie habe deswegen am 10.08.2010 einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aufgesucht, der für eine ordnungsgemäße Exploration keine ausreichende Zeit gehabt habe, aber mutmaße, dass die geschilderte Symptomatik auf das Zwangsversteigerungsverfahren zurückzuführen sei. Beigefügt war dem Antrag eine ärztliche Stellungnahme des Dr. V vom 10.08.2010, in der es heißt, die Beschwerdeführerin habe sich am 10.08.2010 vorgestellt und angegeben, dass sie "seit Jahren in Behandlung sei wegen einer Angst und Panik, vor allem einer Sozialangst" und dass sie "aufgrund der aktuellen Situation psychisch und körperlich nicht in der Lage sei, an der Zwangsversteigerung ihres Hauses teilzunehmen". In dem Antrag wurde angekündigt, kurzfristig ein umfangreicheres Attest zu den Gerichtsakten nachzureichen. Vorsorglich wurde Beweis angetreten durch Sachverständigengutachten. Abschließend wurde in dem Antrag auf aus Sicht der Antragsteller erfolgversprechende Ankaufsfinanzierungsverhandlungen verwiesen.

Sodann wurde wie bereits im ersten Versteigerungstermin darauf hingewiesen, dass zu Gunsten der Beschwerdeführerin davon ausgegangen werde, dass das für sie eingetragene Wohnungsrecht als Altenteilsrecht anzusehen sei und demnach gemäß Art. 6 II ZVG-Ausführungsgesetz NW, § 9 I EGZVG außerhalb des geringsten Gebotes bestehen bleibe, und auf Antrag der Gläubigerin gemäß Art. 6 II ZVH-Ausführungsgesetz NW, § 9 II EGZVG wurde beschlossen, das Wohnungseigentum in der nachfolgenden Versteigerung sowohl unter den gesetzlichen Bedingungen (Bestehenbleiben d...

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