Verfahrensgang
AG Steinfurt (Urteil vom 01.08.2000; Aktenzeichen 21 C 170/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen – das am 01. August 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Steinfurt teilweise abgeändert und neu gefaßt.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.346,69 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.02.2000 sowie ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 1.5000,00 DM zu zahlen.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 15 % und die Beklagte zu 85 %.
Tatbestand
(ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat zum Teil Erfolg.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Verdienstausfall in Höhe von 1.346,69 DM sowie eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 1.5000,00 DM gemäß den §§ 823 Abs. 1, 831 BGB, § 13 GmbH wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf der Baustelle … zu.
Die Beklagte bzw. ihre gesetzlichen Vertreter oder auf der Baustelle tätigen Angestellten haben es nämlich unterlassen, die auf der von ihr gefertigten und in dem zu errichtenden Gebäude montierten Treppe auf den einzelnen Stufen zunächst provisorisch verlegten Holzbretter hinreichend abzusichern. Unstreitig war für eine ausreichende Sicherung zur Begehung der mit den Holzbrettern versehenen Stufen erforderlich, die Bretter mit einem Metallband um die Kanten zu versehen. Dies war bei drei Brettern im Unterschied zu den anderen Stufen nicht der Fall. Der Beklagten war bekannt, dass die Treppe auch von anderen auf dem Bauvorhaben tätigen Personen genutzt werden wird. Zu diesem Zweck war die Treppe provisorisch begehbar gemacht worden. Die Beklagte hätte deshalb dafür Sorge tragen müssen, dass alle provisorischen Treppenstufen mit einem Metallband abgesichert wurden. Dieser Verpflichtung ist sie nicht nachgekommen, was dazu führte, dass der Kläger infolge des Bruches eines der nicht abgesicherten Bretter einer Treppenstufe stürzte und sich erheblich verletzte.
Die Beklagte ist deshalb zum Schadensersatz verpflichtet.
Ein Anspruch des Klägers auf den geltend gemachten Schadenersatz ist nicht durch die §§ 104 ff SGB VII ausgeschlossen.
Ein solcher Ausschluss ergibt sich zunächst nicht aus § 104 Abs. 1 SGB VII, da der Kläger nicht für die Beklagte tätig war und auch nicht in einer sonstigen die Unfallversicherung begründenden Beziehung zur Beklagten stand.
Eine Haftungsfreistellung der Beklagten ergibt sich aber auch nicht aus § 106 Abs. 3 2. Alternative SGB VII i.V.m. § 104 SGB VII.
Insoweit kann letztlich offen bleiben, ob, wofür einiges spricht, eine gemeinsame Betriebsstätte der Arbeitgeberin des Klägers und der Beklagten vorgelegen hat (vgl. dazu Urteil des BGH vom 17.10.200 – VI ZR 67/00 –).
Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 106 Abs. 3 SGB VII gilt die Haftungsfreistellung der §§ 104 und 105 SGB VII lediglich für die Ersatzpflicht der Tätigen untereinander. Eine Haftungsfreistellung auch für die beteiligten Unternehmen sieht der Wortlaut des § 106 Abs. 3 SGB VII nicht vor.
Auch der Verweisung auf den § 104 SGB VII lässt sich nach Auffassung des Gerichts nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber über den Wortlaut des § 106 Abs. 3 VII hinaus auch Unternehmen von der Haftung gegenüber nicht bei ihnen Beschäftigten freistellen wollte. Insoweit wäre es dem Gesetzgeber unschwer möglich gewesen, statt einer auslegungsbedürftigen Verweisung den Geltungsbereich auch für Unternehmen in der Regelung des § 106 Abs. 3 SGB VII ausdrücklich zu benennen, wenn er eine solche Regelung wirklich gewollt hätte. Die Rechtsfolge der Verweisung kommt zudem erst in Betracht, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsfolge gegeben sind; diese knüpfen aber ausschließlich an die „Tätigen” an. Offen kann hier bleiben, was dann gilt, wenn der Unternehmensinhaber (z.B. der Inhaber einer Firma i.S. des § 17 StGB) selbst „Tätiger” auf der gemeinsamen Betriebsstätte war, was im vorliegenden Fall nicht zutrifft.
Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass durch die Neuregelung des § 106 Abs. 3 SGB VII schon eine Erweiterung des Haftungsausschlusses gegenüber der früher bestehenden gesetzlichen Regelung erfolgt ist. Deshalb hätte es, falls der Gesetzgeber eine über den Wortlaut hinausgehende Ausnahmeregelung von der normalen Haftung gewollt hätte, um so näher gelegen, dass eine eindeutige Regelung in § 106 Abs. 3 SGB VII im Sinne dieses etwaigen Wollens vorgenommen worden wäre. Ein solcher gesetzgeberischer Wille ist jedoch nicht erkennbar.
Auch der vorrangige Zweck des Haftungsausschlusses, nämlich den Betriebsfrieden zu gewährleisten, erfordert eine erweiternde Auslegung des § 106 Abs. 3 SGB VII nicht, da diese Regelung gerade Personen betrifft, die nicht bei dem haftenden Unternehmen beschäftigt sind.
Aus diesem Grunde musste es deshalb bei der wortgetreuen Auslegung des § 106 Abs. 3 SGB VII verbleiben, so dass die Beklagte für die Schäden des Klägers haftbar ist. Insoweit vermag die Kammer nicht der Ents...