Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzamt muss bereits entrichtete Umsatzsteuerzahlungen an ein Factoringunternehmen zahlen. Zahlung von an das Finanzamt zwecks Umsatzsteuerzahlung entrichteter Beträge an ein Factoringunternehmen
Normenkette
InsO § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1; AO § 218
Verfahrensgang
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 4.406,46 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. September 2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten tragen der Kläger zu 19% und das beklagte Land zu 81%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für den Kläger aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung des beklagten Landes durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des durch das beklagte Land aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die N GmbH ("Insolvenzschuldnerin") schloss mit der G GmbH ("G GmbH") einen Vertrag (Bl. 11ff. GA), wonach die G GmbH Forderungen der Insolvenzschuldnerin ankaufte. Nach 5.1 des Vertrages trug die G GmbH ausschließlich das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der Forderungsschuldner, die Insolvenzschuldnerin trug das Risiko des Nichtbestehens der Forderung. Unter 7.9 des Vertrages wurde vereinbart, dass vor dem Hintergrund des § 13c UStG die G GmbH berechtigt ist, Umsatzsteuerbeträge dieser Forderungen einzubehalten und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Aufgrund dieser Regelung leistete die G GmbH im Zeitraum 6. April 2010 bis 2. September 2010 Zahlungen an das Finanzamt T in Höhe von EUR 10.246,03, denen Erstattungen in Höhe von EUR 5.839,57 gegenüberstehen. Am 6. Juli 2010 stellte die Insolvenzschuldnerin Insolvenzantrag. Am 13. September 2010 wurde beim Amtsgericht Münster das Insolvenzverfahren eröffnet. Zu den folgenden Zeitpunkten bestanden in folgender Höhe fällige Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin, die zur Insolvenztabelle angemeldet worden sind:
Januar 2010 EUR 59.549,62
Februar 2010 EUR 65.022,91
März 2010 EUR 86.175,71
April 2010 EUR 109.027,35
Mai 2010 EUR 120.377,94
Juni 2010 EUR 125.739,61
Juli 2010 EUR 249.646,91
Der Kläger behauptet, dass die Insolvenzschuldnerin seit Januar 2010 zahlungsunfähig gewesen sei. Er ist der Ansicht, dass es sich vorliegend um die Zahlung eines Angewiesenen an einen Insolvenzgläubiger handele.
Der Kläger hat zunächst beantragt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn EUR 6.205,38 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 13.09.2010 zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2011, in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Formulierung zur Zinshöhe klargestellt, beantragt er nunmehr,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn EUR 4.406,46 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. September 2010 zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen und über die Kosten der Klagerücknahme zu entscheiden.
Es ist der Ansicht, es handele sich um einen Fall der Zahlung zur Vermeidung eigener Haftung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze sowie den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet, mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung.
Der Kläger hat gegen das beklagte Land einen Anspruch aus §§ 143 Absatz 1, 129 Absatz 1, 131 Absatz 1 InsO auf Zahlung von EUR 4.406,46 in die Insolvenzmasse der Insolvenzschuldnerin nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. September 2010 gemäß § 143 Absatz 1 InsO i.V.m. §§ 819 Absatz 1, 818 Absatz 4, 288 Absatz 1, 187 Absatz 1 BGB.
I.
In der Zahlung der G GmbH an das Finanzamt T liegt eine Rechtshandlung nach § 129 InsO.
II.
In den Zahlungen liegt eine Benachteiligung der Gläubiger der Insolvenzschuldnerin gemäß § 129 InsO.
Eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften liegt vor, wenn eine Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert hat (BGH NJW-RR 2011, 630 [BGH 20.01.2011 – IX ZR 58/10] (630 Rz. 12)).
Der an das Finanzamt T gezahlte Betrag abzüglich der vom Insolvenzschuldner vereinnahmten Erstattungen des Finanzamts T hätte ohne die Zahlungen der G GmbH allen Gläubigern der Insolvenzschuldnerin zur Verfügung gestellt werden müssen. Denn dem Ab- oder Aussonderungsrecht der G GmbH aufgrund des mit der Insolvenzschuldnerin...